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Politik: Da liegt was in der Luft

Von Lorenz Maroldt

Angesichts der Lage, in der Berlin sich befindet, klingt das schon seltsam. Oder doch eher typisch? Da kündigt also ein amerikanischer Unternehmer an, 350 Millionen Euro in die Stadt bringen zu wollen, aber der Regierende Bürgermeister krallt sich nicht etwa gleich an dessen Krawatte fest, nein: Er lässt erst mal feststellen, was alles nicht geht. Dabei bringt der reiche Onkel aus Amerika ja nicht nur Geld mit, sondern auch ein Lösungswort für das Rätsel Flughafen Tempelhof: Was soll werden aus dem Gelände, das sich – mitten in der Stadt gelegen – fast so weit erstreckt wie der Große Müggelsee? Was soll werden aus dem gigantischen Gebäuderiegel, in dem so viel Platz ist wie im Pentagon? Für das Land Berlin, Eigentümerin des Geländes, erträumt sich der Senat bislang ein Wiesenmeer; diese Verlegenheitsidee hat noch der frühere Senator Strieder gepflanzt, und bisher wächst im Rathaus keine andere. Der Bund, Eigentümer des denkmalgeschützten Gebäudes, kann die Sache nicht einfach der Natur überlassen – gesucht werden zahlende Nutzer. Könnte der amerikanische Geschäftsmann Fred Langhammer, geboren in Bayern und nach eigenen Angaben im Nebenleben auch Luftbrückenromantiker, so einer sein?

Seinen Plan, hier eine ambulante Klinik für 120 000 Patienten im Jahr einzurichten, dazu ein Kongresszentrum mit Hotel und auch ein Museum, verknüpft Langhammer mit der Forderung, den Flugbetrieb weiterzuführen, nicht unbedingt für den Linienverkehr, in jedem Fall aber für Privatmaschinen. Das soll offensichtlich nicht nur der bequemeren Anreise von angeschlagenen Scheichs und Oligarchen dienen, sondern auch eine erhebliche Lücke schließen: Nur ein kleiner Teil des Gebäudekomplexes ist nach Langhammers Plan für eine neue Nutzung vorgesehen; die riesigen Hangars stünden ohne Flugbetrieb leer.

Wer beurteilen will, wie seriös das alles ist, muss die Pläne und Berechnungen im Detail kennen. Der Öffentlichkeit wurden sie bisher nur in kleinen Häppchen serviert. Irritierend aber ist, wie schnell in den Reihen der Koalitionsparteien die Seriosität des Projektes infrage gestellt wurde. Zu dieser Irritation hat auch der Ablauf der Ereignisse beigetragen. Als vor einigen Wochen die Idee einer ambulanten Klinik in Tempelhof erstmals veröffentlicht wurde, hieß es im Rathaus, davon wisse man nichts. Später stellte sich heraus: Langhammer hatte seine Pläne dort längst vorgestellt. Ob sie gründlich geprüft wurden, ist nicht bekannt, ebenso wenig, ob zweifelsfrei feststeht, dass der Weiterbetrieb Tempelhofs als eingeschränkter Landeplatz tatsächlich den Bau des Großflughafens Schönefeld rechtlich gefährdet, wie der Senat behauptet. Daran aber gibt es ernst zu nehmende Zweifel.

Mag sein, dass im Hintergrund kräftig gepokert wird, auch zwischen dem Bund und Berlin, und dass nicht alles so ist, wie es scheint. Eines aber zeigt der Vorgang doch deutlich: In Tempelhof ist mehr drin als ein Wiesenmeer mit Ruinenarchitektur. Hier kann etwas passieren, der Bedeutung des Ortes angemessen, sogar den grundsätzlichen Zielen des Senats entsprechend. Das müsste eigentlich jeden elektrisieren, der Verantwortung spürt für diese Stadt. Fahrlässig dagegen wäre es, ohne Not eine Option aus der Hand zu geben, in diesem Fall: durch eine schnelle Schließung des Flughafens Tempelhof. Niemand, auch kein Gericht, zwingt den Senat, das zu tun. Es ist genug Zeit. Mal sehen, wer hier noch alles landen möchte.

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