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Politik: Dabeisein ist alles

Die Bundesregierung setzt beim EU-Russland-Gipfel auf Dialog – konkrete Ergebnisse wird es nicht geben

Berlin - Hauptsache, wir reden überhaupt miteinander – mit dieser Devise ging Bundeskanzlerin Angela Merkel am Donnerstag in die Gespräche beim EU-Russland-Gipfel in Samara. Angesichts der Vielzahl von Problemen, die sich in der jüngsten Zeit in den Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Russland angehäuft haben, wurden konkrete Ergebnisse gar nicht erst erwartet. „Vor diesem Hintergrund ist es ganz wichtig, dass der Gipfel stattfindet und dass es auch in schwierigen Zeiten eine Gelegenheit zum offenen Dialog gibt“, hieß es in Regierungskreisen in Berlin.

Offen will Merkel bei ihrem Gespräch mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin auch schwierige Themen ansprechen: die Versammlungsfreiheit etwa, die angesichts des Vorgehens russischer Sicherheitskräfte gegen Demonstranten bedroht scheint, oder die ungeklärten Morde an der Journalistin Anna Politkowskaja und dem Ex-Spion Alexander Litwinenko. Eine gedeihliche Zusammenarbeit könne es nur geben, „wenn wir auf der Basis geteilter Grundwerte vorankommen“ – so die Mahnung aus Berlin Richtung Moskau.

Die Liste der Themen, die das Verhältnis zwischen Moskau und den EU-Staaten belasten, ist lang: Sie reicht vom Streit über die Verlegung eines Kriegerdenkmals in Estland über das US-Raketenabwehrsystem bis zum künftigen Status des Kosovo. Auch das Thema Energiesicherheit steht immer noch zwischen den Gesprächspartnern. Der deutschen Ratspräsidentschaft ist es bisher nicht gelungen, den Konflikt zwischen Warschau und Moskau über ein Einfuhrverbot für polnisches Fleisch beizulegen. Aus diesem Grund wird auch bei diesem EU-Russland-Gipfel wieder nicht die Aufnahme von Verhandlungen über ein neues Partnerschafts- und Kooperationsabkommen verkündet werden können. Polen hatte die Aufnahme der Verhandlungen davon abhängig gemacht, dass Russland vorher das Importverbot aufhebt. Unmittelbar vor dem Gipfel legte die Regierung in Warschau noch einmal nach und nannte das Embargo eine „Kriegserklärung“. Von einer Spaltung der EU in dieser Frage will die deutsche Ratspräsidentschaft nichts wissen. Es gebe nicht eine polnische und eine Position der Europäischen Union, sondern nur eine von allen gemeinsam beschlossene Position der EU.

Der Krisenbesuch von Außenminister Frank-Walter Steinmeier in Moskau hat bereits einen Vorgeschmack auf den Gipfel gegeben. Einziges konkretes Ergebnis war die Einigung auf das weitere Verfahren im polnisch-russischen Fleischstreit. Ein Stufenplan soll von Inspektionen bis zur Aufhebung des Importstopps führen. Das kann allerdings dauern. Die Bundesregierung ist skeptisch, ob bis zum Ende der deutschen Präsidentschaft der Konflikt so weit beigelegt ist, dass die Verhandlungen über das neue Abkommen noch beginnen können.

Von einem härteren Kurs gegen Moskau will man in Berlin nichts wissen: „Wir sind sowohl im Bereich der Wirtschaft als auch bei internationalen Fragen voneinander abhängig“, heißt es in deutschen Regierungskreisen. „Hier kommen wir nur voran, wenn wir gemeinsame Lösungen finden.“

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