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Politik: Dämpfer für Ankara

EU lehnt Beginn von Aufnahmegesprächen in diesem Jahr ab

Brüssel. Die EU-Kommission hat am Montag die Reformbeschlüsse des türkischen Parlaments vom Wochenende begrüßt, gleichzeitig jedoch Ankara vor zu großen Hoffnungen gewarnt, der Gemeinschaft möglichst bald beizutreten. So sprach der für die Erweiterung zuständige Kommissar Günter Verheugen zwar von einem „wichtigen Signal“ und einem „bedeutsamen Schritt in die richtige Richtung".

Die Brüsseler Behörde müsse nun aber genau beobachten, ob und wie die Parlamentsentscheidungen im Einzelnen umgesetzt würden. Ganz sicher werde der Kopenhagener Gipfel der EU-Staats- und Regierungschefs im Dezember noch nicht den Startschuss für konkrete Aufnahmeverhandlungen mit der Türkei geben, hieß es am Montag in Brüssel.

In der Verheugen-Erklärung wurde noch einmal besonders die Abschaffung der Todesstrafe gelobt. Jetzt komme es auf die weiteren praktischen Schritte an. Auf die Frage nach den weiteren Erwartungen an die Türkei nannte Verheugen-Sprecher Jean-Christophe Filori unter anderem wirkliche Gewährung von Religionsfreiheit, die Garantie, dass Radiosendungen, Erziehung und Unterricht tatsächlich in den Sprachen der nationalen Minderheiten erfolgen können, Demokratisierung des Militärs und dessen Unterordnung unter die Politik. Offiziell heißt es bei der Kommission, man werde „den Türken tatkräftig dabei helfen, den jetzt eingeschlagenen Weg fortzusetzen".

Das werde auch der nächste so genannte Fortschrittsbericht im Oktober zeigen, in dem die dann erreichte „EU-Fähigkeit“ jedes einzelnen Bewerberlandes aufgelistet sein wird. Hinter vorgehaltener Hand lassen Brüsseler Diplomaten jedoch keinen Zweifel daran, dass in diesem Jahr keine Erfolge im Verhältnis von EU und Türkei zu erwarten seien. Ein Grund dafür sei der nicht vorhersehbare Ausgang der Wahlen im November.

Niemand wisse zum Beispiel, ob erstens eine stabile und zweitens auch noch westlich orientierte Regierung daraus hervorgehen werde. Davon wiederum hänge die Stellung und künftige Rolle des türkischen Militärs ab.

Als ein weiterer Prüfstein für Ankara wird in Brüssel die Zypern-Politik bezeichnet. Zwar müsse man dies getrennt sehen von den soeben gefassten Reform-Beschlüssen des Parlaments. Dennoch führe jede weitere Annäherung der Türkei an die EU fraglos über eine Klärung des Verhältnisses mit Griechenland und damit über die Lösung des Zypern-Konflikts. Gisbert Kuhn

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