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Politik: Dampf im Kessel

Berlin – Wenn am Montagabend über dem Berliner Regierungsviertel eine dunkle Wolke aufsteigen sollte, ist das kein Grund, die Feuerwehr zu alarmieren: Es handelt sich dann um den Dampf, den die Abgeordneten der Koalitionsfraktionen in ihren Fraktionsvorständen und Landesgruppen ablassen. Vor allem bei CDU und CSU kocht – nach Diäten-Pleite und der Nominierung Gesine Schwans zur Bundespräsidentenkandidatin – der Zorn auf die SPD fast ungebremst.

Von Robert Birnbaum

Berlin – Wenn am Montagabend über dem Berliner Regierungsviertel eine dunkle Wolke aufsteigen sollte, ist das kein Grund, die Feuerwehr zu alarmieren: Es handelt sich dann um den Dampf, den die Abgeordneten der Koalitionsfraktionen in ihren Fraktionsvorständen und Landesgruppen ablassen. Vor allem bei CDU und CSU kocht – nach Diäten-Pleite und der Nominierung Gesine Schwans zur Bundespräsidentenkandidatin – der Zorn auf die SPD fast ungebremst. „Ich glaube nicht mehr, dass die Koalition bis 2009 hält“, lässt sich der Sprecher aller CDU-Landesgruppen, Georg Brunnhuber, zitieren. Das denken viele. Ob aus dem Missmut ein ernstes Problem erwächst, ist auch für Spitzenleute der Fraktion schwer einzuschätzen.

Die Unsicherheit rührt daher, dass die Stimmung von oben her angeheizt worden ist, auch um eigene Fehler zu vernebeln. Die Diäten-Pleite geht zwar auf das Konto der SPD, deren Fraktionschef Peter Struck zum Rückzug blasen musste, als immer mehr seiner Truppen von der Fahne gingen. Doch auch die Unionsführung, finden die eigenen Leute , hat sich nicht mit Ruhm bekleckert: Auf die Idee, ein derart brisantes Vorhaben kurzfristig aus dem Hut zu zaubern und dann die Abgeordneten zwei Wochen vollem Feuer ihres Volkes auszusetzen, müsse man erst mal kommen, sagt ein führender Christdemokrat.

Jedenfalls hat der Vorgang dazu geführt, dass auch wichtige Unionspolitiker schworen, sich auf unpopuläre Kompromisse nicht mehr einzulassen. „Ich lass’ mich doch nicht noch mal für etwas verprügeln, was Struck dann womöglich wieder abblasen lassen muss“, empört sich ein Christdemokrat. Bei der CSU-Schwester ist solche Stimmung – vorwahlkampfbedingt – ausgeprägter. Dazu kommt ein verbreitetes Murren, dass die Fraktion bloßes Ausführungsorgan ungeliebter Koalitionskompromisse geworden sei. Wenn aber nicht mal mehr die eigene Führung dafür einstehen könne, dass diese Vorgaben und Absprachen mit der SPD belastbar seien – sagt ein Abgeordneter und lässt den Satz unvollendet.

Dagegen verweisen andere, der Regierung und der Kanzlerin nähere Christdemokraten darauf, dass abgesehen von der Diäten-Panne und dem Eindruck, dass SPD-Chef Kurt Beck auch in der Präsidentenfrage andere Signale gegeben hat als jetzt, auf Absprachen Verlass war. „Es ist nicht so, dass die SPD grundsätzlich unzuverlässig ist“, sagt ein führender CDU-Politiker und spricht davon, dass man auch bei der eigenen Truppe die Empörung „einfangen“ müsse. Neuwahlen seien weder praktisch machbar noch taktisch vernünftig. So aufgeheizt wie die Stimmung sei, sagt ein Christdemokrat, werde aber womöglich die Kanzlerin mäßigend eingreifen und ein Bekenntnis zur Koalition ablegen müssen. Robert Birnbaum

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