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Politik: Das All gehört den Robotern

REISE ZUM MARS

Von Thomas de Padova

Über den Mars rollt ein Roboter. Niemand, mit dem man mitfühlen könnte. Kurz bevor „Spirit“ in dieser Woche zu seiner Marsexpedition losfuhr, überholte ihn George W. Bush daher bereits mit seiner Vision von der baldigen Eroberung des Kosmos durch den Menschen. Er möchte Astronauten zum Mond schicken – und zum Mars.

Bush sprach zu einer Nation, die diese Art der Eroberung des Alls vor 30 Jahren abgeblasen hat. Amerika hat sich 1972, drei Jahre nach der ersten Mondlandung, wieder von unserem Trabanten zurückgezogen. Und das nicht allein der Kosten wegen. Auf die Pioniertat, einmal einen fremden Himmelskörper betreten zu haben, auf den überwältigenden Anblick der Erde vom Mond aus, folgte rasch die Ernüchterung: Der Mensch kann seine Fähigkeiten als Denkender und Forschender dort draußen gar nicht entfalten.

Die Apollo-Astronauten konnten in der Einöde kaum etwas ausrichten, was eine Maschine nicht auch vermocht hätte. In sperrige Raumanzüge eingepackt, bewegten sie sich wie ferngesteuerte Kreaturen. Sie waren keine Naturforscher, die ihrer Neugierde nachgingen, sondern einer Technik unterworfen, die ihnen zwar die Freiheit gegeben hatte, durch den luftleeren Raum zu fliegen, die ihnen dann aber fast jegliche Eigenständigkeit nahm.

Insofern war die Apollo-Mission die Erfüllung eines Menschheitstraums, ihr abrupter Abbruch aber eine Niederlage, von der sich die Nasa bis heute nicht erholt hat. Der Mensch stand der weiteren Erforschung des Alls, wie er mit Automaten möglich war, wegen des hohen Aufwandes für seine Lebenserhaltung im Weg. Ein Großteil der mühsam entwickelten Technik wurde verschrottet.

Die Internationale Raumstation, die 16 Staaten derzeit für 100 Milliarden Dollar aufbauen, hat der Nasa die engen Grenzen der bemannten Raumfahrt nur noch deutlicher vor Augen geführt. Die Station im „Weltall“ ist so weit von der Erde entfernt wie Frankfurt von Berlin. Lieber heute als morgen möchte sich die Nasa von dem unseligen Projekt verabschieden – aber ein noch größeres beginnen?

Wenn in 20 oder 30 Jahren ein Astronaut seinen Fußabdruck im roten Marssand hinterlassen sollte, würden wir uns nicht mit ihm als Kundschafter der Menschheit identifizieren können. Falls er nicht schon als Weltraum- und Strahlenkranker dort ankäme, was das Wahrscheinlichste ist, würde auch er spätestens mit dem Verlassen der Landekapsel seiner menschlichen Fähigkeiten beraubt und angesichts der existenziellen Bedrohung zum Automaten reduziert.

Bush sollte der Nasa die Schmach ersparen, einer Vision hinterherzulaufen, für die die Zeit noch lange nicht reif ist. Und für die er nicht einmal Geld auszugeben bereit ist. Eine Milliarde Dollar hat er für die nächsten fünf Jahre in Aussicht gestellt, mehrere 100 Milliarden Dollar veranschlagt die Nasa dafür. Wir werden uns die Freiheit, uns halbwegs als Menschen im All bewegen zu können, erst noch mühsam erarbeiten müssen. Und die entscheidenden Etappen dorthin werden aus vielen Forschungszweigen kommen, die mit Raumfahrt womöglich gar nichts zu tun haben: aus den Materialwissenschaften oder der Energieforschung.

Mond und Mars laufen uns nicht weg. Der rote Planet ist uns in diesen Tagen sogar näher als zuvor. Dank eines Roboters.

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