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Politik: Das Ansehen schwindet

Von Charles A.Landsmann, Tel Aviv Es war einmal ein Strahlemann, ein Staatsmann, der stets Optimismus ausstrahlte: Schimon Peres.

Von Charles A.Landsmann,

Tel Aviv

Es war einmal ein Strahlemann, ein Staatsmann, der stets Optimismus ausstrahlte: Schimon Peres. Damit ist es vorbei. Vielleicht trägt er immer noch ein Körnchen Optimismus unter seinen modischen Anzügen, doch weder strahlt er selbst noch strahlt er etwas aus. Noch ist Schimon Peres politisch nicht ganz am Ende, doch das Ende ist absehbar.

In der vergangenen Woche hat er mit dem Rücktritt als israelischer Außenminister gedroht; seither drängt ihn sein engster Berater, der Staatssekretär des Außenministeriums, Avi Gil, zur Demission. Nach der jüngsten Umfrage meint die Hälfte der Israelis, dass er genau dies tun sollte. Immer und immer wieder wird er von Ariel Scharon ausgetrickst oder gar nicht informiert und konsultiert, und nun entzieht ihm die Rede von George W. Bush weiter politischen Boden. Zudem hat sein Verbleiben in der Regierung Scharon, deren Vorgehen gegenüber den Palästinensern vor allem bei der EU mit großen Vorbehalten betrachtet wird, seinem Ansehen in Europa geschadet.

Peres, bald 79 Jahre alt und mit dem Image des ewigen Verlierers umgeben, hat den Zeitpunkt zum würdevollen Rücktritt und Abgang von der politischen Bühne verpasst und begründet dies selbst mit dem Hinweis, dass er in der Regierung Scharon Schlimmstes verhindern wolle und könne. Er, zusammen mit Jitzchak Rabin und Jassir Arafat Friedensnobelpreisträger, verfolge nur ein einziges politisches Ziel, den Frieden, und kein persönliches. Er habe sich also nicht an seinem Ministersessel festgekrallt, wie seine Kritiker behaupten. Und dabei nimmt er es in Kauf, von nationalistischen Minister-„Kollegen“ wörtlich als „Oslo-Verbrecher“ gebrandmarkt zu werden, der vor Gericht gestellt werden sollte.

In der letzten Zeit hat Peres aber auch einen Erfolg vorzuweisen, der ihm wohl erneut als Vorwand dienen wird, um in der Regierung zu bleiben. Bei der Abstimmung über die Errichtung des Sicherheitstrennzaunes zwischen dem israelischen Kernland und dem palästinensischen Westjordanland hatte Peres als Einziger der Minister entdeckt, dass Scharon klammheimlich in die Vorlage auch die Errichtung einer Pufferzone im Osten der Westbank aufgenommen hatte. Die gesamte Jordansenke, 22 Prozent des Westjordanlandes, sollte „kalt“ annektiert werden. Peres konnte es verhindern. Trotz dieses kleinen Triumphes werten ehemalige politische Ziehsöhne wie Jossi Beilin und Sprecher des so genannten Friedenslagers wie Oppositionschef Yossi Sarid Peres’ Verbleiben in der Regierung als „pathetisch".

Während Peres rastlos Geheimkontakte mit Palästinensern aufbaute und mit diesen Kompromisslösungsvorschläge aushandelte, die Arafat und Scharon stets unisono ignorierten, ist es seinem Regierungschef gelungen, den nationalkonservativen Gesinnungsfreund Bush zu einer Rede zu veranlassen, die Peres wie eine Abrissbirne vorgekommen sein dürfte. So bloßgestellt, bliebe eigentlich nur noch der Rücktritt. Doch Peres scheint, bei aller erstmals eingestandenen und sichtlichen Enttäuschung, zu eitel dazu. Vermutlich bleibt er noch einige Wochen im Amt, bestenfalls einige Monate bis gegen Jahresende, sicher aber nicht über das nächste Frühjahr hinaus. Darüber sind sich die politischen Beobachter einig.

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