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Wütend: Matteo Salvini, Italiens Innenminister und Vizepremier.

© AFP

Das bisher schwerste Zerwürfnis in Rom: Die Wahl von der Leyens spaltet das Regierungsbündnis

"Zerstörtes Vertrauen" wirft Italiens rechtsradikaler Innenminister Salvini dem Koalitionspartner vor. Größeres Problem dürfte aber seine Moskau-Beziehung sein.

Nach einem Tag der ununterbrochenen gegenseitigen Verdächtigungen und Beschuldigungen hat Innenminister und Vizepremier Matteo Salvini am Mittwochabend seinem Frust freien Lauf gelassen. „Das Vertrauen ist zerstört, auch auf der persönlichen Ebene“, erklärte der Chef der rechtsradikalen Lega an die Adresse des anderen Vizepremiers, Luigi Di Maio von der Fünf-Sterne-Protestbewegung. Monatelang habe er dem Koalitionspartner vertraut – und zum Dank dafür „unzählige Beleidigungen“ geerntet. Aus Trotz und Wut hat Salvini am Freitag eine Regierungssitzung und eine Besprechung zu einem neuen Autonomie-Gesetz geschwänzt.

Anlass für das bisher schwerste Zerwürfnis der römischen Koalitionspartner war die Wahl von Ursula von der Leyen zur neuen EU-Kommissionspräsidentin. Die „Grillini“ hatten für die Deutsche gestimmt, die Lega gegen sie. Regierungschef Conte hat Salvini deswegen öffentlich vorgeworfen, dem Land Schaden zugefügt zu haben. Italien stehe in Brüssel nun noch isolierter da, als es wegen der permanenten europafeindlichen Ausfälle des Innenministers ohnehin schon sei. Das ließ Salvini nicht auf sich sitzen: „Die Fünf Sterne sind es, die Italiens Wähler verraten haben: Sie haben einen grundlegenden Wandel in Europa versprochen, und nun stimmen sie zusammen mit Angela Merkel, Emmanuel Macron, Matteo Renzi und Silvio Berlusconi.“ Also mit Vertretern des „alten, abgewirtschafteten Europa“.

Salvini wird langsam nervös

Der wahre Grund für Salvinis Nervosität ist freilich nicht die Wahl von der Leyens. „Matteo hat uns in Brüssel in den Rücken geschossen, um von der Geschichte mit den Spenden für die Lega aus Russland abzulenken“, betonte Di Maio. Statt den Regierungspartner mit einem „Meer von vulgären Fake News“ einzudecken, solle der Innenminister sich besser „entscheiden, ob ihm die Interessen seiner Partei wichtiger sind als die Interessen des Landes“. Der Präsident der Abgeordnetenkammer, Roberto Fico von den Fünf Sternen, warf Salvini einen „schwerwiegenden Mangel an institutionellem Respekt“ vor, weil sich der Lega-Chef nach wie vor weigert, dem Parlament zur Spendenaffäre Rechenschaft abzulegen.

Zu dem brisanten Treffen von drei Salvini-Vertrauten mit drei Russen aus dem Umfeld von Präsident Wladimir Putin in Moskau kommen täglich neue Details zum Vorschein. Unter anderem ist bekannt geworden, dass Salvini von der Zusammenkunft wusste, was er zuvor abgestritten hatte. Für das kommende Wochenende hat das Wochenmagazin „L’Espresso“ weitere Enthüllungen angekündigt: Dokumente, in deren Besitz die Zeitschrift sei, belegten, dass die Verhandlungen über illegale Parteispenden aus Moskau in der Höhe von 65 Millionen Dollar an die Lega noch monatelang angedauert hätten. Bisher hatten sich die Beteiligten immer darauf herausgeredet, dass es sich um ein zufälliges, einmaliges Treffen gehandelt habe, bei dem es zu nicht viel mehr als harmlosen Plaudereien gekommen sei.

Bei den „Plaudereien“ im Oktober letzten Jahres im Hotel Metropol in Moskau handelt es sich um einen äußerst schwerwiegenden Vorgang, dessen Tragweite Salvini nun allmählich zu erkennen scheint. Einer seiner engsten Vertrauten versuchte, aus dem Kreml-Umfeld illegale Parteispenden in zweistelliger Millionenhöhe für den Europawahlkampf der Lega zu ergattern. Er stellte als Gegenleistung eine Moskau-freundliche und EU-feindliche Regierungspolitik in Rom in Aussicht. Der ehemalige sozialdemokratische Premier Matteo Renzi erklärte, dass dies nichts anderes als „Hochverrat“ sei, auch wenn das Geld schließlich – wie es derzeit scheint – nicht geflossen sei.Dominik Straub

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