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Politik: Das Ende der Kakophonie

Die SPD-Spitze trifft sich zur Klausur in Wiesbaden und plant die Zukunft: Das Regieren soll künftig besser klappen

Zwei Tage wollen die Spitzengenossen in Wiesbaden über die Zukunft der Republik beraten. Zumindest über die nähere Zukunft, die nächsten Monate also. Das ist schon langfristig für eine Regierungspartei, deren Auftreten und Handeln in den vergangenen Wochen nur eines kennzeichnete: dass fast nichts zusammenlief.

Zum Auftakt der Tagung hat der Kanzler und SPD-Chef fast jedem Wiesbadener ein gutes neues Jahr gewünscht. Damit das auch so kommt, wollen Schröder und seine Genossen den ganzen Ärger des vergangenen Jahres in Hessen hinter sich lassen. Die zwei Wochen Weihnachtspause haben den heiß gelaufenen Genossen offenbar gut getan.

„Wir haben durchaus ein Maß an Gemeinsamkeit gefunden, das beachtlich ist“, sagt Gerhard Schröder am Ende des ersten Tagungstags und ist dabei so gut aufgelegt wie seit langem nicht mehr. Die Kakophonie ist beendet, es lebe das sozialdemokratische Miteinander – so lautet das Signal, das von dieser Zusammenkunft ausgehen soll. Das Wort „miteinander“ benutzt Schröder in seiner Pressekonferenz so oft, dass man mit dem Zählen gar nicht mehr nachkommt.

Zweieinhalb Stunden hatten sich das SPD-Präsidium und der Fraktionsvorstand zuvor warmdiskutiert. Und alles soll diesmal harmonisch verlaufen sein. Ohne Rücktrittsdrohungen, einstimmig, statt vielstimmig. Diskutiert haben sie über ein Papier des Superministers Wolfgang Clement, das vor Zukunftsbegriffen nur so wimmelt und vor allem den Mittelstand fördern soll. Das Präsidium habe sich einstimmig hinter die Aussagen des Papiers gestellt, versichert der Kanzler und schaut zufrieden auf den neben ihm stehenden Autor.

Allerdings wurde an diesem ersten Tag nicht über Details gesprochen, nur über „grundsätzliche Linien". Auf heftigere Diskussionen müssen sich Kanzler und Co erst am heutigen Dienstag gefasst machen. Dann wird der Vorstand der SPD, der lebendigste Debattierclub der Partei, eine „breite ökonomische Diskussion führen“, sechs Stunden lang. „Ich freu mich drauf“, sagt Schröder. Man muss ihm das nicht glauben.

Denn dann kann er sich nicht mehr hinter dem Grundsätzlichen verbergen. Dann sollen auch Details der Gesundheitsreform diskutiert werden. Dann werden die Genossen ihren Kanzler auch fragen, warum er sich nicht darauf festlegen will, in jedem Fall gegen einen Irak-Krieg zu stimmen, sollte die Frage demnächst im UN-Sicherheitsrat gestellt werden. Und sie werden ihn auf das Papier aus seinem Kanzleramt ansprechen, das wegen seiner radikalen Thesen zur Reform der Sozialversicherungen vor Weihnachten innerparteiliche Wirbelstürme verursacht hatte. Doch dafür hat Schröder am Montag schon einmal vorgebaut. Das Papier solle man nicht als „Bibelersatz“ begreifen, sagt Schröder, „das tue ich auch nicht.“

Markus Feldenkirchen

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