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Zu Besuch im Salzstock. Der umstrittene Endlagerstandort ist 30 Jahre lang mit einem Betriebsplan erkundet worden, der noch auf der Basis des historischen Bergrechts erstellt worden ist - ohne Bürgerbeteiligung, ohne Information. Darum wird jetzt wieder gestritten.

© dpa

Das Erbe der Atomenergie: Altmaier hält sich Gorleben offen

Das Umweltministerium klagt gegen die Entscheidung Niedersachsens, den Plan für die Erkundung aus dem Jahr 1983 aufzuheben. Derweil beschäftigt das Wirtschaftsministerium vier gut bezahlte Beamte damit, das Schiedsverfahren vor der Weltbank mit dem Atomkonzern Vattenfall zu gewinnen.

Kaum ist die Wahl vorbei, wird in Deutschland wieder über die Atomkraft gestritten. Am Montag hat das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) auf Anweisung des Bundesumweltministeriums (BMU) beim Verwaltungsgericht Lüneburg Einspruch dagegen erhoben, dass der sogenannte Rahmenbetriebsplan für die Erkundung des Salzstocks in Gorleben von 1983 aufgehoben worden war.

Zwei Tage vor der Bundestagswahl hatte der niedersächsische Umweltminister Stefan Wenzel (Grüne) das Landesbergamt Niedersachsen angewiesen, den umstrittenen Plan nach historischem Bergrecht aufzuheben. Nun hat das BMU zur „Frist- und Rechtswahrung“ Klage erhoben, sagte eine Sprecherin des Ministeriums dem Tagesspiegel. Weiter sagte sie, das Ministerium habe „ein hohes Interesse, die damit zusammenhängenden Fragen außerhalb des Rechtswegs zu klären“. Deshalb solle es bald Gespräche geben. Sie schwieg sich jedoch zu der Frage aus, was es denn zu klären geben könnte. Ihr Hinweis dass der Rahmenbetriebsplan den "allgemeinen Rahmen für das Erkundungsbergwerk Gorleben" abstecke, brachte darüber jedenfalls keine Klarheit.

Das Endlagersuchgesetz, das kurz vor Ende der Legislaturperiode noch verabschiedet worden war, enthält die Bestimmung, dass sämtliche Erkundungsarbeiten in Gorleben eingestellt werden müssten. Deshalb hatte das zuständige Gericht in Niedersachsen auf Anwohnerklagen gegen die Fortschreibung des uralten Rahmenbetriebsplans den Klagegegenstand für erledigt erklärt. Mit anderen Worten: Wenn nicht mehr erkundet werden darf, kann auch der Rahmenbetriebsplan nicht mehr gültig sein. Mit diesem Argument ließ Wenzel ihn dann auch aufheben.

Wenzel kritisierte die Entscheidung von Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) scharf. Er sagte: „Es wäre fatal, wenn sich der Bund jetzt einen Plan B neben dem Standortauswahlgesetz offenhalten will.“ Die Bürgerinitiative in Gorleben beklagte, dass damit der letzte Rest Vertrauen in das neue Verfahren aufgebraucht sei. Jochen Stay vom Anti-Atom- Netzwerk Ausgestrahlt vermutete, dass „das Endlagersuchgesetz als Gorleben- Durchsetzungs-Gesetz gedacht“ sei. Die grüne Bundestagsabgeordnete Sylvia Kotting-Uhl, die an der Aushandlung des Gesetzes beteiligt war, nannte das Vorgehen einen „unverzeihlichen Affront“.

Nicht minder umstritten ist die Frage, wo die Castorbehälter, die noch aus dem britischen Sellafield und dem französischen La Hague zurückgenommen werden müssen, zwischengelagert werden sollen. Vor der Wahl war es Altmaier nicht mehr gelungen, eine Lösung zu finden. Am 10. Oktober habe „auf Fachebene“ ein Gespräch dazu stattgefunden, sagte eine seiner Sprecherinnen. Bund und Länder hätten sich auf Kriterien für die Entscheidung geeinigt. Dabei gehe es um die Transportwege, die technische Ausstattung der Zwischenlager und den Platzbedarf. Auch in dieser Frage hat sich also offensichtlich nichts getan, denn so weit waren die Umweltminister im Bund und in den Ländern auch vor der Wahl schon.

Mit einer weiteren Atombaustelle wird sich die künftige Regierung sehr bald auch wieder beschäftigen müssen. Die Atomkonzerne hatten 2011 gegen die sofortige Abschaltung ihrer acht ältesten Meiler geklagt. Vattenfall als schwedischer Konzern hatte jedoch kein Gericht, sondern die internationale Schiedsstelle für Investitionsstreitigkeiten (ICSID) bei der Weltbank in Washington angerufen. Allein für dieses Verfahren beschäftigt das Wirtschaftsministerium vier Personen mit einem jährlichen Personaletat von 312 000 Euro und einem Sachetat von 41 000 Euro. Das antwortete der Parlamentarische Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, Hans-Joachim Otto, auf eine entsprechende Frage von Sylvia Kotting-Uhl. Die noch unveröffentlichte Antwort liegt dem Tagesspiegel vor. Was genau diese „Geschäftsstelle Schiedsgerichtsverfahren 13. Atomgesetznovelle“ tut, ist der Antwort allerdings nicht zu entnehmen. Außer, dass sie den Bundestag über den Fortgang des Verfahrens informieren soll.

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