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Politik: Das Hinterland der Al Qaida

Jemen gilt als ein wichtiges Rückzugsgebiet für die Terroristen. Deshalb operieren dort amerikanische Truppen

Jemen ist wieder in die Schlagzeilen gerückt: Nicht mit Entführungen westlicher Touristen, sondern als mögliches Rückzugsgebiet militanter Islamisten und Mitglieder von Al Qaida. Der britische „Daily Telegraph“ berichtete, britische Spezialkräfte suchten in Jemen sogar nach Osama bin Laden.

Offiziell sind bisher nur amerikanische Anti-Terror-Einheiten im Lande. Die amerikanische Präsenz wurde deutlich am 3. November, als ein unbemanntes US-Flugzeug eine „Hellfire"-Rakete auf ein Auto abfeuerte, in dem Kaid Salim Sinan al Harithi und fünf weitere Männer starben. Der Mann wurde im Zusammenhang mit dem Anschlag auf den US-Tanker „Cole“ vor zwei Jahren gesucht, er soll Mitglied von Al Qaida gewesen sein. Es war den jemenitischen Behörden in der Vergangenheit nicht gelungen, al Harithi festzunehmen, bei einem missglückten Versuch im Dezember starben 18 Menschen. Daher scheint die Regierung in Sanaa nun gewillt, die USA bei ihrer nicht unumstrittenen Politik der „gezielten Tötungen“ zu unterstützen. Ohne ihre Kooperation wäre der Beschuss von al Harithis Wagen 160 Kilometer nordöstlich der Hauptstadt nach Ansicht von Experten nicht möglich gewesen.

Ob das schwer zugängliche Bergland Jemens oder die isolierte Hochebene Hadramaut an der saudischen Grenze, in der Osama bin Ladens Vater geboren wurde, ein Rückzugsgebiet für Al-Qaida-Kämpfer ist, ist schwer zu sagen. Sicher ist, dass der Einfluss der Zentralgewalt des 1990 wieder vereinigten Jemen beschränkt ist. Der Norden und Osten des Landes wird von Stämmen beherrscht, 50 Kilometer außerhalb der Hauptstadt Sanaa stellen diese ihre Straßenkontrollen auf, nicht die staatliche Armee. Sicher ist auch, dass Angriffe auf einen amerikanischen Tanker bei einer Mehrheit der Bevölkerung nicht als „Terrorismus“ angesehen werden, sondern als „Widerstand gegen amerikanisches Hegemonialstreben in der Region", wie der Leiter des französischen Forschungsinstituts CEFEJ in Sanaa, Francois Burgat, dem Tagesspiegel erklärte.

Die Islamisten ebenso wie die linken Nasseristen und Baathisten, kritisierten die US-Politik in dieser Region heftig. Doch islamistische Gruppen hätten bisher nicht die „rote Linie“ überschritten und das Regime in Sanaa infrage gestellt. Das Bild eines Jemen, der völlig in der Gesetzlosigkeit versinkt, will Burgat nicht akzeptieren. Die Zentralgewalt weite ihren Einfluss weiter aus, die wohl von ihr gelieferten präzisen Informationen, die den amerikanischen Raketenangriff am 3. Dezember erst ermöglichten, zeugten davon. Obwohl die Behörden über ihre Zusammenarbeit mit den Amerikanern nichts verlauten lassen, steigt die Unzufriedenheit einer Bevölkerung, die stolz darauf ist, dass sie niemals kolonialisiert wurde. Die islamische Islah-Partei droht damit, die Zusammenarbeit mit den USA 2003 zum Wahlkampfthema zu machen. Der Anschlag auf al Harithi mag aber unter den Salafisten auch radikalere Tendenzen verstärken.

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