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Unklar ist, in welchen Abständen bei Jugendlichen die Erst- und Zweitimpfungen erfolgen sollen. In den USA sind es drei Wochen.

© Joseph Prezioso/AFP

Das Impfstoff-Dilemma: Was geht vor? Die Kinder oder die Auffrischung?

Noch ist unklar, wie schnell Kinder und Jugendliche geimpft werden können – und parallel muss sich die Regierung schon um mögliche Auffrischungen kümmern.

Bis Ende August soll allen Jugendlichen zwischen zwölf und 18 Jahren ein Impfangebot gemacht werden. So hat es die Gesundheitsministerkonferenz vorgesehen. Für die weiteren Planungen muss zum einen die Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) abgewartet werden, heißt es in der Vorlage des Bundesgesundheitsministeriums, die an die Teilnehmer des Bund-Länder-Gipfels vom Donnerstag verteilt wurde.

Gibt es keine generelle Impfempfehlung für Kinder ab zwölf, dürfte auch das Interesse an den Impfungen in dieser Gruppe kleiner werden. Zum anderen sei noch nicht klar, in welchen Abständen bei Jugendlichen die Erst- und Zweitimpfungen erfolgen sollen. In Kanada und den USA sind es derzeit drei Wochen – dies wird in dem Papier des Ministeriums beispielhaft angeführt.

So oder so deutet sich ein Dilemma an: Nach der Zulassung des Biontech- Impfstoffs für über Zwölfjährige durch die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) könnte es im Laufe des Jahres auch Impfstoffzulassungen für jüngere Kinder geben – und damit einen sehr viel größeren Bedarf an Impfstoffen.

Doch bislang sind noch nicht alle impfwilligen Erwachsenen immunisiert, und bisher reicht die gelieferten Mengen noch nicht aus, um alle zügig zu versorgen.

Kein „zusätzlicher“ Impfstoff für Kinder

Deshalb hatte das Ministerium von Jens Spahn (CDU) den Teilnehmern des Impfgipfels vorgeschlagen, Dosen des Biontech-Impfstoffs für die geplante Impfkampagne bei Kindern zur Seite zu legen. „Nachdem eine Zulassung für Personen ab 12 Jahren erteilt worden ist, beabsichtigt der Bund, die zur Erreichung dieses Ziels erforderlichen Impfdosen den Ländern schrittweise aus den Gesamtliefermengen für Juni, Juli und August zusätzlich zur Verfügung zu stellen“, hieß es in der Vorlage.

Allerdings stellte der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD), klar, dass für die Impfung von Kindern kein „zusätzlicher“ Impfstoff vergeben werde. „Es gibt keine Möglichkeit, schneller ein Impfstoffangebot zu bekommen“, sagte er.

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Es wird aber nicht nur darüber diskutiert, wer wann dran ist, sondern auch, wie es grundsätzlich mit der Verteilung weitergehen soll. Denn mit Blick auf die kommenden Jahre und die dann benötigten Impfstoffdosen ist zudem noch offen, wie schnell Auffrischungsimpfungen nötig werden. Zusammen mit der EMA und dem Robert Koch-Institut, eruiere das Paul-Ehrlich-Institut gerade, „ob und in welchem zeitlichen Abstand später eine Auffrischimpfung erforderlich ist“, heißt es in der Vorlage des Gesundheitsministeriums.

Auffrischung hängt von Virusvarianten ab

Derzeit gehe man mindestens einem halben Jahr aus, bis eine erneute Impfung erfolgen muss. Die Notwendigkeit von Auffrischungsimpfungen hängt dabei auch von der Ausbreitung von Sars-CoV-2-Varianten ab, gegen die bisherige Impfstoffe nicht oder nur eingeschränkt wirken.

Klar ist, dass weiter auf die gemeinsame Beschaffung über die Europäische Union gesetzt wird. Die EU-Kommission verfüge „über erhebliche Verhandlungsmacht, um günstige Konditionen für die Mitgliedstaaten zu erzielen“, wird dies begründet. Zudem seien „die Beschaffungsabläufe auf EU-Ebene inzwischen eingespielt und entlasten die Mitgliedstaaten etwa vom erheblichen Aufwand der Durchführung eigener Vergabeverfahren“.

„Zur Risikostreuung“, heißt es im ebenfalls beim Gipfel verteilten Strategiepapier für Covid-Impfungen in den Jahren 2022 und 2023, werde „weiterhin ein Portfolioansatz mit verschiedenen Herstellern und Technologien verfolgt“. Offenbar hat die Bundesregierung dabei auch Menschen im Blick, die zwar nicht impfskeptisch sind, aber doch eher auf konventionelle Vakzine vertrauen.

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„So basiert ein Großteil der eingesetzten Impfstoffe gegen andere Infektionskrankheiten auf inaktivierten oder protein-basierten Produkten, für die Erkenntnisse zur Sicherheit über viele Jahre vorliegen und für die eine grundsätzliche Eignung als Auffrischungsimpfung bereits nachgewiesen wurde“, heißt es. „Die Verfügbarkeit solcher Impfstoffe könnte sich zudem günstig auf die Akzeptanz bestimmter Teile der Bevölkerung von Covid-19- Impfungen auswirken.“

Offene Fragen beim geplanten Impfpass

Thema beim Impfgipfel war auch die Einführung des digitalen Impfpasses – der soll eine abgeschlossene Impfung oder eine durchgemachte Erkrankung dokumentieren und auch Grundlage sein für das EU-weit geltende Grüne Zertifikat sein. Zuvor hatte der für das Projekt verantwortliche Abteilungsleiter im Gesundheitsministerium, Gottfried Ludewig (CDU), bekräftigt, dass man beim Zertifikat im Zeitplan liege.

Noch nicht abschließend geklärt ist indes beim EU-Pendant offenbar, ob für einen abgeschlossenen Status auch sogenannte heterologe Impfschemata berücksichtigt werden, also Impfungen mit verschiedenen Vakzinen. In Deutschland trifft das viele unter 60-Jährige, die erst mit Astrazeneca geimpft wurden und die nun aufgrund veränderter Verordnungen bei der zweiten Impfung Biontech oder Moderna erhalten.

„Hinsichtlich der Anerkennung von heterologen Impfserien im europäischen Raum sowie im internationalen Ausland steht die Bundesregierung im Austausch mit den europäischen Partnern“, heißt es dazu in den Vorlagen zum Impfgipfel.

Allerdings werde sowieso im digitalen Impfnachweis „lediglich das Datum der letzten Impfung“ erfasst, „unabhängig davon, ob es sich um die Erst- oder eine Zweitimpfung handelt oder ob es sich um eine Einfachimpfung Genesener oder eine Boosterimpfung handelt“.

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