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Politik: „Das ist Merkel pur“

Bei Europa-Fragen sehen viele einen Sieg der Union.

Brüssel - Herbert Reul ist rundum zufrieden. Einmal, weil der Chef der CDU-Europaabgeordneten die Einbindung mehrerer Brüsseler Parlamentarier in die Berliner Koalitionsgespräche als wichtiges Signal für die aus seiner Sicht notwendige Verschränkung der politischen Ebenen betrachtet. Außerdem ist er froh, dass die anwesenden Journalisten „keine Riesenneuigkeiten“ im europapolitischen Kapitel finden könnten, da es „in der bisherigen Linie weitergeht“. Ein anderer aus der christdemokratischen EU-Parlamentsfraktion wird noch deutlicher: „Das ist Merkel pur.“

In der Tat: Von weiterer Haushaltskonsolidierung, strikten Auflagen für Hilfskredite und vertraglich fixierten Reformvereinbarungen zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit ist da zu lesen, nicht dagegen von einem Schuldentilgungsfonds, es wird sogar „jede Form der Vergemeinschaftung von Staatsschulden“ ausgeschlossen. Entsprechend schwer tun sich auch die SPD-Europaabgeordneten, einzelne Formulierungen als große Trendwende zu deuten. Parlamentspräsident Martin Schulz verwies am Donnerstag auf den Satz, dass das strikte Sparen „mit Zukunftsinvestitionen in Wachstum und Beschäftigung in sozial ausgewogener Weise“ verbunden werden müsste. Oder dass die europäische Sozialcharta dem Binnenmarktrecht gleichrangig sein müsse.Allerdings ist die sozialdemokratische Handschrift in diesem Kapitel – bis auf die einzig konkrete Vereinbarung, dass im laufenden Gesetzgebungsverfahren für die neue EU-Entsenderichtlinie „gleiche Entlohnung für gleiche Tätigkeit“ und die Arbeitsbedingungen des jeweiligen Ziellandes angestrebt werden sollen – nur schwer erkennbar. Bei der CDU vermutet man schlicht, dass die Europapolitik den Sozialdemokraten für das nun ausstehende Votum der Parteibasis nicht wichtig genug war.

Die europäischen Partner sind nicht begeistert, haben aber auch nicht wirklich etwas anderes erwartet. „Das liegt grob auf der Linie, mit der wir gerechnet haben“, sagt ein belgischer EU-Diplomat. Schließlich sei Angela Merkel unter anderem wegen ihres europapolitischen Kurses gewählt worden. Positiv sieht seine Regierung den nun verabredeten Mindestlohn: „Das begrüßen wir ganz ausdrücklich.“ Der EU-Handelskommissar Karel de Gucht stellt den Zusammenhang zum hohen deutschen Exportüberschuss her, den seine Brüsseler Behörde bekanntlich kürzlich zu untersuchen beschlossen hat: „Ein Mindestlohn von 8,50 Euro wird sicher den Konsum in Deutschland ankurbeln.“ Und damit den Überschuss abbauen können.

„Wunderbar“ findet ein hochrangiger Beamter der Eurogruppe wiederum, dass die Beschlüsse der Koalition in spe fast wortwörtlich die aktuelle Beschlusslage der 17 Euroländer wiedergeben. Dass der Rettungsfonds ESM in letzter Instanz Banken direkt rekapitalisieren darf, hatte die SPD lange Zeit zu verhindern versucht. Christopher Ziedler

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