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US-Präsident Barack Obama stellt seine neue Wirtschaftsministerin Penny Pritzker vor.

© AFP

Das Kabinett von US-Präsident Obama: Loyal, effektiv – und gerne weiblich

Bei den Berufungen in sein Kabinett setzt US-Präsident Barack Obama auf langjährige Vertraute - beispielsweise Wirtschaftsministerin Penny Pritzker.

Dreieinhalb Monate nach Beginn seiner zweiten Amtszeit besetzt US-Präsident Barack Obama die letzten offenen Plätze in seinem Kabinett. Als Handelsbeauftragten nominierte er direkt vor seinem Abflug nach Mexiko und Costa Rica am Donnerstag Mike Froman. Er wird der wichtigste Ansprechpartner für die EU bei den Verhandlungen über das Transatlantische Handels- und Investitionsabkommen, die im Juni beginnen sollen. Wirtschaftsministerin soll Penny Pritzker werden, eine langjährige Vertraute aus Chicago und Erbin der Hyatt- Hotelgruppe; sie und ihre Familie hatten Obama in allen Wahlkämpfen beim Einwerben von Spenden unterstützt. An die Spitze des Verkehrsministeriums soll der schwarze Bürgermeister von Charlotte, North Carolina, Anthony Foxx, rücken.

Sofern der Senat diesen Vorschlägen zustimmt, steigt im Schlussspurt der Regierungsbildung der Anteil von Frauen und Afroamerikanern doch noch geringfügig. Nach den ersten Ernennungen für die zweite Amtszeit war die Kritik laut geworden, Obama umgebe sich überwiegend mit weißen Männern. Auffälliger ist jedoch ein anderes Kriterium. Der Präsident setzt vor allem auf Vertraute, die ihm seit Jahren loyal und effektiv zuarbeiten.

Im US-Präsidialsystem ist die Politik ganz auf das Weiße Haus gerichtet. Fachministerien spielen in der öffentlichen Wahrnehmung eine geringere Rolle als in Deutschland. Seit annähernd einem Jahr hatten die USA keinen Wirtschaftsminister. John Bryson war im Juni 2012 zurückgetreten, nachdem er einen Verkehrsunfall verursacht und nach erstem Anschein Fahrerflucht begangen hatte. Die medizinische Untersuchung ergab, dass er einen Schlaganfall am Steuer erlitten hatte und sich des Geschehens vielleicht nicht voll bewusst war, als er weiterfuhr.

Über die Berufung von Penny Pritzker als Wirtschaftsministerin war seit langem spekuliert worden. Sie erfolgte am Donnerstag zu ihrem 54. Geburtstag. Die Chefin eines milliardenschweren Finanz- und Immobilienkonzerns ist in der US-Geschäftswelt bestens vernetzt. In Chicago gehörte sie zu Obamas frühen Unterstützern, als sein Wahlkampfstratege David Axelrod eine Koalition aus schwarzer Mittelschicht und sogenannten „Lakeshore Liberals“ schmiedete – progressiven Mitgliedern der weißen Oberschicht mit Anwesen am Ufer des Lake Michigan.

Für Europa ist die Nominierung von Mike Froman bedeutsamer. Der bisherige Handelsbeauftragte Ron Kirk hatte im Januar seinen Rücktritt angekündigt. Unter ihm hatten die USA Verhandlungen über ein Pazifisches Freihandelsabkommen aufgenommen und mit der EU Gespräche über eine umfassende Liberalisierung beim Austausch von Waren, Dienstleistungen und Investitionen vereinbart. De facto spielte Froman schon bisher die zentrale Rolle auf diesem Gebiet und war als stellvertretender Nationaler Sicherheitsberater für internationale Wirtschaftsfragen ein einflussreicher Berater. Er hat mit Obama an der Harvard Law School studiert und war dort, wie der Präsident sagte, „viel klüger als ich“.

In den vergangenen Tagen waren Spitzenvertreter deutscher Wirtschaftsverbände in Washington und trafen sich auch mit Froman. Anlass des Besuchs war der 25. Jahrestag der gemeinsamen Vertretung der deutschen Industrie- und Handelskammern sowie des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) in der US- Hauptstadt. Im Mittelpunkt der Gespräche standen die Aussichten für das Transatlantische Handels- und Investitionsabkommen. Von der Abschaffung der letzten Zölle und anderer Barrieren im Wirtschaftsaustausch über den Atlantik versprechen sich beide Seiten einen Wachstumsschub von mehr als einem Prozent ihres jeweiligen Bruttoinlandsprodukts. Die Gespräche sollen in zwei Jahren zum Abschluss gebracht werden, sagte der für Europa zuständige US-Vizehandelsbeauftragte Dan Mullaney. Das sei „ein ehrgeiziger Plan“, aber keineswegs unrealistisch.

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