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Politik: Das letzte Duell

Der scheidende Fraktionsvize Merz tritt noch einmal gegen Eichel an – und selbst die Regierung staunt

Von Antje Sirleschtov

Berlin - So kennt man ihn und so schätzen ihn im Bundestag nicht nur die eigenen Leute: Mal eben so in einem Halbsatz rechnet Friedrich Merz an diesem Dienstag nüchtern vor, dass der Bundesfinanzminister nächstes Jahr 95 Millionen Euro sparen könnte. Wenn, ja wenn die Union der kompletten Abschaffung der Eigenheimzulage zustimmt. „Warum aber bitte schön“, fragt Merz, „sollten wir das tun?“ Wegen läppischer 95 Millionen? Was ist das schon gegen die 43 Milliarden Euro Schulden, die Hans Eichel in diesem Jahr auf seine Kappe nehmen muss. „Wollen Sie uns wirklich vorwerfen, an Ihrem Desaster schuld zu sein?“.

Keine Frage, Merz wäre nicht Merz und damit der gewiefteste Finanzpolitiker der Union, wenn er nicht ganz genau wüsste, dass Eichels Haushaltsmisere in der Tat zu einem gerüttelten Maß in der standhaften Weigerung der unionsgeführten Bundesländer zum Subventionsabbau begründet ist. Allerdings, wozu muss man das auch noch öffentlich zugeben? Zumal es sowieso nervt, dass Eichel die Schuld an seinen Schulden seit Monaten immer nur den anderen in die Schuhe schiebt. Man könnte es ja schließlich auch mal anders – populärer – sehen. Auf der Regierungsbank jedenfalls standen die Münder offen – und Eichel beugte sich tief in einen Papierberg hinein.

Der da vorn im Plenarsaal wird so bald nicht wieder Gelegenheit zum Auftaktwort haben in einer Haushaltswoche, und dann auch noch vor dem Finanzminister selbst. Denn schon nächste Woche gibt Friedrich Merz sein Amt als stellvertretender Fraktionschef ab, ein paar Tage darauf auch die Position im Präsidium der CDU. Der Sauerländer wird dann zum tätigen Rechtsanwalt in einer heimatlichen Kanzlei. Und zum einfachen Abgeordneten seiner Fraktion.

Zum stummen Hinterbänkler macht ihn dieses selbst gewählte Schicksal allerdings nicht. Schon die Inszenierung seines Abgangs im Oktober – Partei- und Fraktionschefin Angela Merkel ließ er per Zeitungsmeldung vorinformieren – barg eine versteckte Drohung an die Adressatin selbst: „… will ich mich in Zukunft stärker mit Sachfragen beschäftigen“, teilte Merz der Frau mit, die ihm erst seinen Posten als Fraktionschef und dann auch noch die Aussicht genommen hatte, Finanzminister zu werden. Eine Warnung auch an alle anderen, die etwa an seiner „Bierdeckel-Steuerreform“ herumfummeln wollen. Aus dem forschen Fraktionsvize wird ein leiserer werden. Aber ein nicht minder zäher Streiter wider das, was er selbst „die Sozialdemokratisierung der Union“ genannt hat.

Am Dienstag aber hat es Merz noch mal allen gezeigt, wie er nicht nur gut mit Zahlen sondern auch mit Worten umzugehen versteht. „Asozial“ nannte er die rot-grüne Finanzpolitik, schalt Hans Eichel einen, der „das Volksvermögen verramscht“, an die Hälse von kleinen Kindern „zentnerschwere Mühlsteine“ mit Staatsschulden hängt, durch dilettantische Steuergesetze Milliarden an Großkonzerne verschenkt und am Ende noch nicht einmal davor zurückschreckt, den Nationalfeiertag am 3. Oktober zu schreddern, um ein paar Cent in die Staatskasse zu ziehen. Ganz still war es nach einer halben Stunde Merz – in den Reihen der Koalition.

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