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Politik: Das Trauma von Bagdad

Der Doppelanschlag auf das irakische Parlament und die Tigrisbrücke haben Washington schockiert

Die neue Dimension der Anschläge im Irak hat die Politiker in Washington in einen Schock versetzt und die Hoffnungen auf eine positive Wende durch die jüngste Truppenverstärkung gedämpft. Am Donnerstag war es einem Selbstmordattentäter gelungen, in die schwer befestigte und streng bewachte „Grüne Zone“ im Herzen von Bagdad einzudringen und erstmals im Parlamentskomplex selbst den Sprengstoff zu zünden. Einige Stunden zuvor war die Sarafija-Brücke über den Tigris, ein bekanntes Bildmotiv in Bagdad, bei einem weiteren Anschlag zerstört worden. Der Attentäter hatte einen voll gepackten Tanklastwagen auf der Brücke zur Explosion gebracht.

Beide Angriffe hätten hohe symbolische Bedeutung, weit über die Zerstörung und die Opfer hinaus, betonen die US-Zeitungen. Die „Washington Post“ sieht eine Vertiefung der religiösen Spaltung des Landes. Gezielt sei eine Hauptverbindung zwischen dem von Schiiten bewohnten Ostteil und dem von Sunniten dominierten Westteil der Hauptstadt gekappt worden. Die „New York Times“ spricht von „traumatischen Attacken“.

Die Angriffe kommen mitten in eine Zeit, in der Präsident George W. Bush das Land davon zu überzeugen versucht, dass die von ihm angeordnete Truppenverstärkung Wirkung zeige. Die Gewalt der Mordmilizen und die Zahl der Anschläge seien zurückgegangen.

Außenministerin Condoleezza Rice bemühte sich, den Schock zu begrenzen. Die neue Strategie sei „noch am Anfang“, man habe immer gewusst, dass „gute und schlechte Tage sich abwechseln“ würden. Senator John McCain, ein Präsidentschaftskandidat 2008 und einer der wenigen Republikaner, die Bushs Truppenverstärkung unterstützen, sagte, die Anschläge „ändern nichts am größeren Bild“. Insgesamt könne Amerika „die ersten Anzeichen von Fortschritt“ sehen.

Die beiden Anschläge haben auch psychologische Wirkung auf Soldatenfamilien. Nach ersten Informationen waren zwar keine GIs unter den Opfern. Aber die Armeeangehörigen mussten am Donnerstag die Nachricht verarbeiten, dass die nach Irak entsandten Einheiten nicht mehr nur zwölf, sondern ab sofort 15 Monate dort Dienst tun. Der neue Verteidigungsminister Bob Gates hatte die Entscheidung damit begründet, dies sei der beste Weg, um die von Bush gewünschte Truppenverstärkung durchzuhalten. Im Fernsehen traten Soldaten auf, die ihr Verständnis vom erhofften Fortschritt abhängig machten. „Wenn dies der Weg ist, diesen Krieg doch noch zu gewinnen, bin ich dafür.“ Diese Argumentation leidet nun unter den neuen Anschlägen.

Die US-Zeitungen erläutern in ihren ausführlichen Berichten, dies seien nicht die ersten Anschläge innerhalb der „Grünen Zone“ gewesen. Im Oktober 2004 waren dort sechs Menschen durch zwei Bomben getötet worden. Im November 2006 flog der Wagen des Parlamentssprechers in die Luft. Vor zwei Wochen waren zwei Sprengstoffwesten gefunden worden, unbenutzt.

In jüngerer Zeit hatten sich die Angriffe auf das Viertel im Tigrisknie, in dem die US-Botschaft und die Regierungsgebäude liegen, aber auf den Beschuss mit Raketen konzentriert. Im März versuchten die Angreifer fast täglich, auf diese Weise Bushs Behauptung einer verbesserten Sicherheitslage in Bagdads Konfliktvierteln zu widerlegen.

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