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Politik: Das Waterloo für Bulgariens Konservative

Prägende Personen des Umbruchs vor dem politischen Aus – Parvanov und Siderov in Stichwahl

Als Ataka-Führer Volen Siderov am Sonntagabend vor dem internationalen Pressezentrum im Nationalen Kulturpalast in Sofia vorfuhr und vom Blitzlichtgewitter und den Fragen der Journalisten empfangen wurde, gab er sich ungewohnt zurückhaltend. Er schien fast müde und enttäuscht zu wirken, dabei hatte er angesichts seines Einzugs in die Stichwahl gegen Staatspräsident Georgi Parvanov für Resignation gar keinen Anlass.

Mit 21,5 Prozent der Stimmen war der Nationalist Siderov bei der bulgarischen Präsidentschaftswahl am Sonntag auf dem zweiten Platz hinter dem amtierenden proeuropäischen Präsidenten Georgi Parvanov gelandet, der 64 Prozent der Stimmen erhielt.

So deutete denn am Sonntagabend die im Vergleich zu den aggressiven Wahlkampfreden moderat anmutende Stellungnahme darauf hin, dass sich Rechtsaußen Siderov bereits auf den bevorstehenden Endspurt eingestellt hatte. Dabei kann es für ihn nur darum gehen, so viele Wählerstimmen wie möglich aus dem Lager der gemäßigten Rechten zu erlangen: „Wir sind offen für alle Seiten, doch werben wir natürlich nur um diejenigen, die sich während der letzten Jahre nicht an der Ausplünderung Bulgariens beteiligt haben“, sagte er.

Ebenfalls eher nachdenklich und auf triumphale Gesten verzichtend präsentierte sich Georgi Parvanov, der seine Stimmenzahl von gut einer Million 2001 auf 1,7 Millionen vergrößern und das Dreifache seines Rivalen einfahren konnte. Obwohl aus dem Lager der Ataka die Entscheidung in der Stichwahl für offen erklärt wird, kann Parvanov schon jetzt auch als künftiger Präsident gelten. Dennoch schien ihm bewusst zu sein, welch beunruhigendes Zeichen von Politikverdrossenheit der Bulgaren die bei nur knapp über 40 Prozent liegende Wahlbeteiligung bedeutete.

Erstmals seit der Wende in Bulgarien tritt damit bei der Stichwahl nicht ein Ex-Kommunist gegen einen Politiker der Konservativen an. Deren Kandidat Nedeltscho Beronov erreichte gerade einmal 9,7 Prozent der Stimmen. Und so musste die Interpretation des Wahlergebnisses für den Wahlkampfstab Nedeltscho Beronovs vernichtend ausfallen: Bulgariens demokratische Rechte, die bereits bei der Parlamentswahl im Sommer des letzten Jahres eine schwere Niederlage einstecken musste, hatte ihr absolutes Waterloo erlebt. Die beiden treibenden Kräfte für Beronovs Kandidatur, der Führer der Demokraten für ein Starkes Bulgarien (DSB), Ivan Kostov, und der Vorsitzende der Union Demokratischer Kräfte (SDS), Peter Stojanov, wichen Fragen nach möglichen Rücktritten von ihren Führungsfunktionen aus. Das Ende ihrer politischen Karriere scheint indes besiegelt.

Mit Kostov, von 1971 bis 2001 SDS-Ministerpräsident, und Stojanov, als Amtsinhaber bei der letzten Präsidentschaftswahl dem Herausforderer Georgi Parvanov unterlegen, werden sich zwei der prägenden politischen Gestalten der bulgarischen Transformationsperiode aus dem Rampenlicht verabschieden. Sie machen die Bühne frei für Boyko Borissov, den Bürgermeister von Sofia, dem Ambitionen und Chancen auf den Posten des Ministerpräsidenten nachgesagt werden. Er möchte im Dezember seine bisherige Bürgerinitiative Bürger für ein Europäisches Bulgarien (GERB) in eine Partei umwandeln und orakelt gerne über ein vorzeitigen Auseinanderbrechen der von Ministerpräsident Sergej Stanischev geführten Koalition aus sozialistischer BSP, zaristischer NDSW und türkischer DPS.

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