zum Hauptinhalt

Politik: Das Wiener Duell

Die Probleme der FPÖ kommen den beiden großen Parteien zugute

Der bisher inhaltlich eher arme österreichische Wahlkampf strebt am Donnerstag seinem Höhepunkt zu: Dem Fernsehduell zwischen Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) und seinem sozialdemokratischen Herausforderer Alfred Gusenbauer. Nachdem Schüssel mit der Abwerbung des FPÖ-Finanzministers Karl-Heinz Grasser die Schlagzeilen der vergangenen Tage beherrscht hat, steigt die Spannung, ob die dadurch ins Hintertreffen geratene SPÖ vergleichbar spektakuläre Neuigkeiten zu bieten hat. Gusenbauer hatte zwar, nachdem er Österreichs beliebtesten Fernsehmoderator und eine evangelische Bischöfin in sein „Team“ aufgenommen hatte, weitere „Überraschungen“ ausgeschlossen; dies war allerdings vor Schüssels und Grassers Coup.

Die schwer erschütterte FPÖ hat sich unterdessen entschlossen, die Abwanderung ihres populären Finanzministers nicht mehr mit Wut und Empörung, sondern mit Gelassenheit zu kommentieren. Der derzeitige Parteichef, Sozialminister Herbert Haupt, sagte in einer Fernsehdiskussion, in der FPÖ schäume niemand über Schüssels Wahltaktik. Im Widerspruch zu seiner erst wenige Tage alten Ankündigung sagte Haupt auch, Grasser werde nicht aus der FPÖ ausgeschlossen.

Auch die Aussagen von FPÖ-Spitzenleuten über Grassers Zukunft sind widersprüchlich: Während Haupt ihn als Finanzminister bei einer Regierungsbeteiligung der FPÖ akzeptieren will, meint der Großindustrielle Thomas Prinzhorn, bei den guten Personalressourcen der Partei brauche man Grasser nicht mehr.

Meinungsforscher werten den Frontwechsel Grassers als Signal an die geschätzt 20 bis 25 Prozent unentschlossenen Wähler. Verunsicherte FPÖ-Sympathisanten, die sich nach den parteiinternen Turbulenzen in eine „Wartehaltung“ zurückgezogen hätten, würden nun zur ÖVP wechseln, meint Fritz Karmasin vom Gallup-Institut.

Den Umfragen ist bisher nur zu entnehmen, dass das Debakel der FPÖ in erster Linie den beiden großen Parteien zugute kommen könnte. Dabei dürfte Schüssels ÖVP tendenziell am stärksten profitieren. Sie könnte den Sozialdemokraten sogar erstmals nach 32 Jahren wieder den Spitzenplatz als stärkste Partei abjagen. Die Grünen bleiben mit zehn oder elf Prozent bisher hinter den Erwartungen zurück; die FPÖ könnte von den 27 Prozent, die sie 1999 erhielt, auf zehn bis 15 Prozent abstürzen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false