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Politik: Das wirklich Wichtige

Foto: Rückeis / Montage: DP HINTER DEN LINDEN Eigentlich, so dachte man, würden auf dem SPD-Parteitag in Bochum große, weltbewegende Fragen behandelt. Die Zukunft des Landes, Europas und der Welt zum Beispiel, in jedem Fall aber die Zukunft der deutschen Sozialdemokratie, was für einige Delegierte allerdings identisch sein dürfte.

Foto: Rückeis / Montage: DP

HINTER DEN LINDEN

Eigentlich, so dachte man, würden auf dem SPD-Parteitag in Bochum große, weltbewegende Fragen behandelt. Die Zukunft des Landes, Europas und der Welt zum Beispiel, in jedem Fall aber die Zukunft der deutschen Sozialdemokratie, was für einige Delegierte allerdings identisch sein dürfte.

Einige Genossen aber wollen sich offenbar nicht um solch abstrakte Dinge kümmern. Sie stellen sich ganz praktische Fragen, die den Menschen im Alltag berühren, ganz pragmatisch eben. Schon lange warten die Bürger zum Beispiel darauf, dass der Norddeutsche Rundfunk endlich „die Darstellung einer HIV-positiven Person in Form der Puppe Kami in den deutschen Folgen der Sesamstraße“ aufnimmt. Diese Initiative der Jungsozialisten ist nur eine von vielen Forderungen, die sich im 533 Seiten dicken Antragsbuch zum Parteitag wiederfinden. Es liest sich wie eine Fibel der praktischen Lösungsansätze. Die Politik der kleinen Schritte hat offenbar wieder Konjunktur in der SPD, endlich stellen die Genossen ihren Blick fürs Wesentliche unter Beweis, getreu dem neuen Parteislogan „Das Wichtige tun“. Höchste Zeit auch für das Anliegen des SPD-Bezirks Hessen-Süd, die Bestimmung des Prostata-spezifischen Antigens (PSA) künftig von den Krankenkassen bezahlen zu lassen.

Überhaupt scheint Hessen die neue Reformwerkstatt der SPD zu werden. Der Bezirk Hessen-Nord nämlich plädiert in seinem Antrag für eine „soziale Marktwirtschaft bei Fußball-Millionarios“: Der Parteitag möge mit Empörung „die ausgerechnet vom Bundesliga-Oberpöbler Uli Hoeneß“ aufgestellte Forderung ablehnen, der Staat solle Not leidenden Vereinen beispringen. Wenn man dann noch den Antrag des Ortsvereins Pinneberg im trinkfreudigen Sauerland berücksichtigt, wonach die Bier- und Sektsteuer endlich abgeschafft werden soll, ergibt sich das Bild einer wirklich reformfreudigen Partei mit pragmatischem Programm. Zu Recht spricht Fraktionschef Müntefering also von einem „Signal des Aufbruchs“, das von Bochum ausgehen werde.

Markus Feldenkirchen

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