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Politik: Datenpanne bei Polizei in Hessen

Einsatzprotokolle im Internet veröffentlicht

Wiesbaden - Der hessische Datenschutzbeauftragte sprach von einem GAU, dem größten anzunehmenden Unfall, im Datenverkehr, und kündigte eine Rüge für die Polizeibehörde an. Auch das Wiesbadener Innenministerium gab zu, dass eine solche Panne eigentlich nicht passieren dürfe: Das Polizeipräsidium Südhessen hatte aus Versehen vertrauliche Fahndungsdaten, die eigentlich für das polizeinterne Intranet gedacht waren, ins allgemein zugängliche Internet gestellt. Monatelang waren dort personenbezogene Daten nachzulesen, deren Veröffentlichung den Betroffenen sicher nicht angenehm sein dürfte.

Über G. G. aus M. in Frankreich war nachzulesen, dass er am 11. Januar 2006 bei Zwingenberg mit 180–200 Stundenkilometern auf dem Standstreifen an anderen Fahrzeugen vorbeigerast war, Verkehrsteilnehmer gefährdet hatte und erst im Zusammenwirken mehrerer Polizeistreifen gestoppt werden konnte. H-P. S. aus Mannheim wurde mit 250 XTC-Pillen geschnappt, P. F. aus Frankfurt war mit seinem Opel trotz 1,28 Promille Alkohol im Blut unterwegs, M.-V. R. aus Lüdenscheid musste den von ihm gefahrenen Sattelzug stehen lassen, weil er seine Fahrerlaubnis längst verloren hatte.

Von 45 Beschuldigten erfährt der Leser zusätzlich zum Namen die Anschrift, das Autokennzeichen, das Geburtsdatum und mögliche Vorstrafen. Die Vorwürfe der Polizei sind Drogenmissbrauch, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Fahren unter Alkohol oder ohne Fahrerlaubnis und betrügerischer Konkurs. Bis Redaktionsschluss war es der Polizei und dem Internetunternehmen Google nicht gelungen, die Daten aus dem Internet zu entfernen. Die Behörden konnten die dreizehn brisanten Seiten zwar abschalten, Google hatte jedoch bei einem Web-Durchgang eine automatische HTML-Version erzeugt, die nicht so leicht gelöscht werden konnte. Der Sprecher des hessischen Innenministers, Michael Bußer, bedauerte die Panne. Man werde jetzt überprüfen, ob der Vorgang auf menschliches Versagen oder auf einen technischen Fehler zurückgeht. Auch dienstrechtliche Konsequenzen wollte Bußer nicht ausschließen. Die oppositionelle SPD sprach von unverantwortlicher Schlamperei und forderte Aufklärung im Innenausschuss des Landtags.

Der Kölner Rechtsanwalt Günter Reinert hatte die Datenpanne publik gemacht. Im Internet habe er einen „Promille-Umrechner“ gesucht, mit dem er den Alkoholkonsum eines Klienten nachvollziehen wollte, so Reinert zum Tagesspiegel. Dass auch 24 Stunden nach der Veröffentlichung die vertraulichen Daten für jedermann weiterhin verfügbar waren, sei erst recht nicht hinnehmbar, so der Anwalt. Es müsse sichergestellt werden, dass sich eine solche Panne nicht wiederholen könne. Das hessische Innenministerium als die Dienstaufsichtsbehörde der Darmstädter Polizei sagte eine genaue Untersuchung zu. Vielleicht müsse man in Zukunft auch mittels Software oder Technik sicherstellen, dass dieser Datentransfer das Intranet nicht in Richtung Internet verlassen könne, so Bußer.

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