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Neue Macht durch den Lissabon-Vertrag. Das Europaparlament sagte Nein zu Swift 1.

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Datenschutz: Über die zweite Fassung des Swift-Abkommens

Das Swift-Abkommen ist zurück. Es soll den USA den Zugriff auf europäische Bankdaten ermöglichen, zur Terrorabwehr. Die erste Version hatte das EU-Parlament gekippt. Auch gegen die nun vorgelegte Neufassung regt sich Widerstand. Werden die Abgeordneten erneut Nein sagen?

Von Anna Sauerbrey

Swift, Klappe, die zweite: Die europäische Kommission hat mit den USA eine neue Fassung des umstrittenen Datentransfer-Abkommens verhandelt, die am Dienstagabend verabschiedet wurde. Der Vertrag soll ermöglichen, dass Bankdaten des in Belgien ansässigen Finanzdienstleisters Swift an die USA weitergegeben werden. Die USA wollen diese Daten nach den Finanztransaktionen von Terroristen durchsuchen. Doch auch am Tag nach der Verabschiedung des Abkommens durch die Kommission ist unklar, ob und wann das Abkommen in Kraft treten kann. Denn viele Europaparlamentarier sind weiterhin unzufrieden mit dem Text, der aus ihrer Sicht nicht den europäischen Datenschutzstandards entspricht.

Die EU-Kommissarin für Inneres ist zuversichtlich

Im Februar hatte das europäische Parlament zum ersten Mal Nein zur Weitergabe der Swift-Daten an die USA gesagt. Eine Mehrheit aus Grünen, Sozialisten und Liberalen hatte das Abkommen gekippt und damit für Verstimmung zwischen der EU und den USA gesorgt. Die konservative EVP-Fraktion hatte versucht, die Abstimmungen für Nachbesserungen zu vertagen, aber mit ihrem Antrag keinen Erfolg gehabt. Nun wird das Parlament über die neue Fassung abstimmen müssen. Cecilia Malmström, EU-Kommissarin für Inneres, gab sich zuversichtlich. „Die Bedenken des Europäischen Parlaments und des Rate sollten nun ausgeräumt sein“, sagte sie.

Die Grünen wollen die Neufassung so ablehnen

Doch viele Parlamentarier, gerade in den Fraktionen, die das Abkommen im Februar durchfallen ließen, sehen das anders. Am Mittwoch stimmten sich die Parlamentarier noch in und zwischen den Fraktionen ab. Eine erste Tendenz scheint aber zu sein: Annehmen würde man das Abkommen nur, wenn noch einmal nachgebessert wird. Besonders kritische Stimmen sind von den Grünen zu hören. „Aus unserer Sicht wäre es die richtige Konsequenz, das Abkommen noch einmal abzulehnen“, sagte Jan-Philipp Albrecht, der die deutschen Grünen im Justiz- und Innenausschuss vertritt.

Auch die EVP weiß noch nicht, wie sie abstimmen wird

„Die Änderungen sind rein kosmetisch, in der Substanz hat sich nichts geändert.“ Auch die SPD-Abgeordnete Birgit Sippel, ebenfalls Mitglied im zuständigen Ausschuss sagt: „Wenn wir heute abstimmen müssten, würden wir das Abkommen ablehnen.“ Man sei allerdings gesprächsbereit. Lediglich aus der EVP-Fraktion, dem Zusammenschluss der Konservativen, heißt es, die positiven Reaktionen würden überwiegen, auch, wenn man mit Einzelheiten noch unzufrieden sei. „In vielen Verfahrensfragen wurde nachgebessert, auch die Kriterien, nach denen Daten weitergegeben werden, wurden enger gefasst“, sagte Manfred Weber (CSU), stellvertretender Vorsitzender der EVP-Fraktion. Wie man abstimmen würde, sei aber noch völlig unklar.

Das Logo des Finanzdienstleisters. Weil der seine Server nach Belgien verlegte, wurde das Abkommen erst nötig.
Das Logo des Finanzdienstleisters. Weil der seine Server nach Belgien verlegte, wurde das Abkommen erst nötig.

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Zentrale Forderungen des Parlaments nicht erfüllt

Im Mai, kurz bevor die Kommission erneut mit den USA verhandelt hat, hatten die Parlamentarier ihre Forderungen an die Kommission noch einmal in einer Resolution dargelegt. Sie kritisierten vor allem, dass die Daten nicht spezifisch ausgewählt werden sollen, sondern in großen Paketen weitergegeben werden. In diesem Punkt habe sich in der neuen Fassung nichts geändert, sagte der Grüne Albrecht am Mittwoch. „Es ist weiterhin geplant, ganze Datenpakete an die USA weiterzugeben – ohne richterlichen Beschluss.“ Ähnlich sieht es die SPD-Abgeordnete Sippel. Unterstützung bekommen die Kritiker von Peter Schaar, dem Bundesdatenschutzbeauftragten. „Unbefriedigend ist insbesondere, dass weiterhin sehr umfangreiche Daten, die ganz überwiegend des Terrorismus unverdächtige und unschuldige Personen betreffen, in die USA übermittelt werden sollen“, sagte er. Der EVP-Abgeordnete Weber hält dies unter den derzeitigen Umständen allerdings für unvermeidlich: „Das ganze System funktioniert nur, wenn Datenpakete weitergegeben werden.“ Die EVP strebe deshalb „baldmöglichst“ ein eigenes, europäisches Auswertungssystem für Finanztransfers an, damit die Daten Europa nicht mehr verlassen müssten.

Europol soll das Verfahren kontrollieren

Auch andere Punkte des neuen Abkommens sind noch strittig. In ihrer Resolution hatten die Parlamentarier eine unabhängige Kontrollinstanz auf europäischer Seite gefordert, die das Verfahren überwachen soll. Rein formal entspricht das neue Abkommen diesem Wunsch: Europol soll die Anfragen aus den USA erhalten, überprüfen und gegebenenfalls an Swift weiterleiten. Damit wollen sich zumindest die Grünen und auch die Sozialisten nicht zufrieden geben. „Das halten wir nicht für sinnvoll“, sagte Jan-Philipp Albrecht. „Die Polizeibehörde hat schließlich selbst ein Interesse, dass Daten ausgewertet werden.“

Hoffen auf den Ministerrat

Trotz dieser Bedenken drückt die Kommission nun auf das Tempo und will die Zustimmung des Parlaments noch in der letzten Plenumswoche im Juli einholen, vor der Sommerpause. Drängen lassen wollen sich die Abgeordneten aber nicht, da sind sich alle Fraktionen einig. Das Parlament wünscht sich Zeit für weitere Beratungen und will erst im September abstimmen. Hinter den Kulissen wird es nun informelle Gespräche mit den einzelnen Innenministerien der Länder und mit der Ratspräsidentschaft geben, die bis Ende Juni noch Spanien innehat. Denn während das EU-Parlament zu dem Entwurf nur noch Ja oder Nein sagen kann, kann der Rat der Innenminister, der das Abkommen unterzeichnen muss, noch Änderungen vornehmen. Sollten die Minister die Wünsche der Parlamentarier berücksichtigen, so ist aus den Fraktionen zu hören, hätte das Abkommen im September eine Chance im Parlament. Die erste Version des Abkommens hatte die Bundesregierung akzeptiert - gegen den Widerstand von Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger.

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