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Dauerstreit: Koalition debattiert über vorgezogene Bundestagswahl

Angesichts der zunehmenden Reibereien in der großen Koalition haben CSU und FDP ein vorzeitiges Ende der schwarz-roten Regierung ins Spiel gebracht. Ablehnung kam prompt aus der SPD.

Der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer legte den Sozialdemokraten am Wochenende einen Ausstieg aus der Berliner Koalition nahe. Das lehnte SPD-Chef Franz Müntefering am Sonntag ab. "Wir werden ihn quälen, so lange wir können - bis zum letzten Tag der Legislaturperiode", sagte Müntefering beim Parteitag der schleswig- holsteinischen SPD in Elmshorn an die Adresse von Seehofer. FDP-Chef Guido Westerwelle sprach sich für eine vorgezogene Bundestagswahl aus, um den "Koalitionsdauerstreit" zu beenden.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wollte am Sonntagabend bei in der Talkshow "Anne Will" in der ARD zu aktuellen Problemen und zum Koalitionsstreit Stellung nehmen. Sie werde sehr klar machen, dass sie angesichts der schwersten Rezession in der Geschichte der Bundesrepublik "keinen Funken Verständnis dafür hat, wenn sich die Koalition in Scharmützel und Gewürge begibt", hieß es im Kanzleramt. Merkel werde sicher nicht vorschnell das Regieren einstellen. Sie sei "gewillt, die Verantwortung, die ihr vom Wähler übertragen wurde, bis zum Ende der Legislaturperiode wahrzunehmen".

Seehofer nicht ernst zu nehmen

CSU-Chef Seehofer hatte der SPD am Samstag bei einer Parteiveranstaltung in Erlangen einen Austritt aus der Koalition nahegelegt. "Wenn es der SPD nicht mehr gefällt in der großen Koalition, soll es an der CSU nicht liegen, wenn sie aussteigen will", sagte er. SPD-Fraktionschef Peter Struck sagte der "Neuen Westfälischen", Seehofer sei nicht ernst zu nehmen. "Wir haben den Regierungsauftrag bis zum 27. September von den Wählern erhalten und nicht vom bayerischen Ministerpräsidenten. Im Übrigen gibt es in der Politik seriöse Vorschläge und das ewige Geschwätz des Herrn Seehofer."

FDP-Chef Guido Westerwelle sagte dem "Hamburger Abendblatt": "Einen solchen Koalitionsdauerstreit bis Ende September kann Deutschland in dieser schweren Wirtschaftskrise nicht gebrauchen." Wenn die Koalition nicht wieder zur sachlichen Arbeit zurückkehren wolle, solle sie den Weg für eine vorgezogene Wahl frei machen. "Dann wird eben am Tag der Europawahl auch der Deutsche Bundestag neu gewählt." Die Europawahl ist am 7. Juni, die Bundestagswahl am 27. September.

Täuschung und Unzuverlässigkeit

Aus der Union kam weiter heftige Kritik an SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier wegen seiner Aussagen zur Opel-Krise. Unions- Fraktionschef Volker Kauder (CDU) sagte der "Leipziger Volkszeitung", im Fall des angeschlagenen Autoherstellers spiele Steinmeier "das doppelte Lottchen: Einerseits tut er so, als wirke er noch an der Regierungsarbeit mit, andererseits führt er bereits Wahlkampf." Im "Spiegel" hatte Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) zuvor ebenfalls Steinmeier kritisiert. Er wolle den Arbeitnehmern vorgaukeln, der Staat könne ihre Probleme lösen. "Diese Art von Täuschung und Unzuverlässigkeit ist nicht die Politik der Union."

Kauder sagte, es sei wichtig, dass Kanzlerin Angela Merkel (CDU) "sich auf den von der SPD entfachten Schlagabtausch nicht einlässt". Die Kanzlerin sei der "verlässliche Pol" in der Koalition. Dies stellte der SPD-Vorsitzende Müntefering in Abrede. Mit Blick auf die Reform der Jobcenter, die am Widerstand der Union gescheitert war, sagte er, er habe nicht damit gerechnet, Merkel in dieser Frage trotz aller Absprachen "auf der anderen Seite" zu sehen. "Die Union ist aus der Spur", sagte Müntefering.

Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD) warf Merkel Beliebigkeit vor. "Ich bin sicher, dass sie das Gegenteil von dem, was wir jetzt tun, auch richtig finden würde", sagte Scholz der "Bild am Sonntag" zu einer möglichen schwarz-gelben Regierung unter Merkels Führung. (mpr/dpa)

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