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Politik: DDR-Grenzsoldaten vor Gericht

Berlin. Vierzig Jahre nach den Schüssen auf einen 14 Jahre alten DDR-Flüchtling müssen sich seit Dienstag drei ehemalige Grenzsoldaten vor dem Berliner Landgericht verantworten.

Berlin. Vierzig Jahre nach den Schüssen auf einen 14 Jahre alten DDR-Flüchtling müssen sich seit Dienstag drei ehemalige Grenzsoldaten vor dem Berliner Landgericht verantworten. Sie sollen wie der Unteroffizier Peter Göring, der durch Kugeln eines West-Berliner Polizisten getötet wurde und später in der DDR als Held galt, auf den Schüler geschossen haben. Dieser wurde durch sieben Kugeln schwer verletzt. Die Staatsanwaltschaft wirft den Männern im Alter von 59 bis 65 Jahren versuchten Totschlag vor.

Der Schüler Wilfried Tews war am Nachmittag des 23. Mai 1962 über die Mauer geklettert und in einen Schifffahrtskanal gesprungen. DDR-Soldaten hatten ihn in dem Grenzgewässer entdeckt und 141-mal auf ihn geschossen. Sie sollen auch noch gefeuert haben, als er schwer verletzt das westliche Ufer erreicht hatte. Um den Jugendlichen zu bergen, schossen West-Berliner Polizisten zurück. Dabei starb der 21-jährige Göring. Für die DDR-Regierung war er ein Märtyrer, nach dem Straßen, Schulen oder Kasernen benannt wurden.

Zwei der Angeklagten schwiegen, einer widersprach der Anklage. Er habe nur einen Warnschuss abgefeuert, sagte er. Die Staatsanwaltschaft geht aufgrund von Angaben ehemaliger DDR-Grenzer davon aus, dass die Angeklagten die Flucht „unter allen Umständen“ verhindern wollten und den Tod des Schülers billigend in Kauf nahmen. Wilfried Tews soll an einem der nächsten Verhandlungstage befragt werden. Als es vor zwei Jahren Empörung darüber gab, dass in Straußberg bei Berlin noch immer eine Straße nach dem einstigen DDR-Helden heißt, sagte er, Göring sei auch nur ein Opfer gewesen. Der habe sich „wie so viele da verheizen lassen".Kerstin Gehrke

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