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Ein Rentnerpaar genießt die Sonne auf einer Bank im Hafen am Cospudener See in Leipzig.

© dpa

Debatte um Altersvorsorge: Die gesetzliche Rente allein bringt's nicht

Entweder die Menschen arbeiten deutlich länger, oder die Renten sinken, oder die Beiträge steigen. Die gesetzliche Rente wird nicht reichen. Eine Reform muss die private und betriebliche Vorsorge einbeziehen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Heike Jahberg

Selten sind Debatten so scheinheilig geführt worden wie bei der Rente. Das Thema sei zu ernst, um für den Wahlkampf missbraucht zu werden, warnt der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende, Armin Laschet. So naiv kann der Mann nicht sein, dass er das wirklich glaubt. Denn auch wenn man noch nicht weiß, in welche Richtung die Reise geht, eines ist klar: Natürlich wird die Rente eines der zentralen Themen der nächsten Bundestagswahl. Dafür sorgt schon der Zeitplan, den die Regierung sich gesetzt hat. Bis zum Sommer soll es ein Konzept für die Betriebsrenten geben, im Herbst sind Ideen für eine weitergehende Rentenreform geplant. Ob die Riester-Rente diese Legislaturperiode überstehen wird, ist zweifelhaft.

Es geht um Großes. Um eine gerechte Lastenverteilung zwischen Jung und Alt, um den Kampf gegen Altersarmut und für ein System, das so widerstandsfähig ist, dass es den Kapriolen der EZB und der Kapitalmärkte trotzt. Wenn die Reform es dann auch noch schafft, die unersättlichen Versicherungsvertreter mit ihren mickrigen Riester-Renten in die Schranken zu verweisen, wäre das für die wachsende Schar der Riester-Kritiker der Gipfel der rentenpolitischen Glückseligkeit und die höchst überfällige Korrektur der staatlichen Subventionierung der Versicherungswirtschaft. Das Allheilmittel für all das ist... die gesetzliche Rente?

Seehofer und DGB sind für mehr Staat

CSU-Chef Horst Seehofer will das, der DGB auch. Mehr Staat, weniger privat, in der Krise verlässt man sich doch am liebsten auf das große Ganze. Doch die alten Strickmuster funktionieren nicht mehr. Das Umlageprinzip stößt an seine Grenzen. Es gibt zu viele Rentner und zu wenige, die für diese Renten zahlen. 1950 waren es – statistisch gesehen – gut sechs Menschen, die einen Rentner finanzierten, heute kommen 100 Beitragszahler für 58 Rentner auf, 2050 werden es 72 Rentner sein.

Jahr für Jahr scheiden mehr Menschen aus dem Erwerbsleben aus, als neue nachkommen – neue, die sich nicht als prekäre Selbstständige an der Gründung eines Start-ups versuchen, sondern die einen klassischen, sozialversicherungspflichtigen Job haben und Rentenbeiträge zahlen. Vor allem in zehn Jahren, wenn die Babyboomer der 60er Jahre in Rente gehen, wird es richtig eng. Und auch die längere Lebenserwartung setzt dem System zu. Heute 65-jährige Männer werden im Schnitt 82, Frauen sogar 86, das überfordert die Rente.

Wer allein auf die gesetzliche Rente setzen will, muss viele Kröten schlucken. Entweder die Menschen arbeiten deutlich länger als heute, oder die Renten werden so niedrig, dass man als Rentner nebenher jobben muss, um über die Runden zu kommen, oder die Beiträge steigen so exorbitant, dass neben den sonstigen Ausgaben kaum noch etwas zum Leben bleibt. Oder für die private Vorsorge.

Die gesetzliche Rente taugt nicht als Allheilmittel. Aller Kritik zum Trotz ist das bisherige System aus Rente, privater und betrieblicher Vorsorge sinnvoll – und sollte ausgebaut werden. Aber ein „Weiter so“ kann es weder bei der Riester-Rente noch bei Firmenrenten geben. Schluss mit den doppelten Sozialversicherungsbeiträgen für Betriebsrentner, keine Anrechnung der Zusatzrenten auf die Grundsicherung, ein staatlicher Zuschuss für Geringverdiener auch bei der Betriebsrente und ein engerer Kostenrahmen für Riester. All das klingt nicht sexy, ist eher Schwarzbrot als Vision – und wäre doch ehrlicher als die ganze Scheinheiligkeit.

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