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Debatte um Bundespräsidenten: Bettina Wulff zu Gast bei Springer

Überraschend ist Bettina Wulff beim Neujahrsempfang des "Hamburger Abendblattes" erschienen - das Blatt gehört zum Springer-Konzern. Der Mailbox-Streit zwischen Wulff und der "Bild-"Zeitung aber geht weiter.

Trotz des Konflikts ihres Mannes mit der „Bild“-Zeitung scheint Bettina Wulff keine Berührungsängste mit dem Springer-Konzern zu haben - oder diese bewusst zu überwinden. Am Montag war sie Gast beim Neujahrsempfang des zu Springer gehörenden „Hamburger Abendblatts“. Sie mischte sich unter die rund 1000 Gäste in Hamburg und war gefragtes Motiv für die Fotografen. Bilder vom Auftritt der Präsidentengattin können Sie hier anschauen.

Am Dienstag wird voraussichtlich auch ihr Ehemann, Bundespräsident Christian Wulff, wieder öffentlich auftreten: Er begrüßt um 11 Uhr das Diplomatische Korps zum Neujahrsempfang im Schloss Bellevue. Beim Defilee im Langhanssaal begrüßt der Bundespräsident zunächst einzeln die Botschafter und Vertreter der internationalen Organisationen in Deutschland. Danach ist ein Empfang für die rund 200 Gäste im Großen Saal geplant, wo Wulff eine Ansprache halten will.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) rechnet unterdessen nach den Worten ihres Sprechers Steffen Seibert nicht mit einem Rücktritt des wegen der Kredit- und Medienaffäre unter Druck stehenden Bundespräsidenten Christian Wulff. "Die Bundeskanzlerin sieht keine Veranlassung, über eine Nachfolge für das Amt des Bundespräsidenten nachzudenken", sagte Seibert am Montag in Berlin. Die Kanzlerin tue dies auch nicht, fügte er hinzu. Merkel werde am Donnerstag an der Spitze des Kabinetts am Neujahrsempfang Wulffs teilnehmen und freue sich auf das Wiedersehen mit dem Bundespräsidenten bei dieser Gelegenheit. Seibert betonte erneut, es gebe keine Absprache der Koalitionspartner für den Fall eines Rücktritts Wulffs.

Seibert bestätigte, dass Kanzleramtsminister Ronald Pofalla in dieser Woche Wulff treffen wird. Es handele sich dabei um ein seit langem geplantes Treffen zweier Politiker, die sich schon sehr lange kennen. Ob sich die beiden allerdings eher selten trafen, ließ Seibert offen. Über bisherige Treffen des Kanzleramtsministers mit dem Bundespräsidenten und deren Frequenz könne er keine Auskunft geben. Auch bei den regelmäßigen Treffen zwischen Merkel und Wulff werde es bleiben. Die Kanzlerin sehe keine Veranlassung, diesen Rhythmus zu verändern.

Die SPD würde nach Angaben ihres Bundestagsabgeordneten Hans-Peter Bartels im Falle eines möglichen Rücktritts von Bundespräsident Christian Wulff erneut den ostdeutschen Bürgerrechtler Joachim Gauck als Kandidaten aufstellen wollen. "Für die SPD gibt es keinen Grund, mit einem anderen Kandidaten als Joachim Gauck in die Gespräche zu gehen", sagte Bartels der Tageszeitung "Die Welt". Gauck sei schon bei der Bundestagswahl 2010 ein geeigneter überparteilicher Kandidat und keine rein sozialdemokratische Lösung gewesen, fügte Bartels hinzu.

Wer könnte Christian Wulff im Amt des Bundespräsidenten folgen? Eine Auswahl in Bildern:

SPD-Chef Sigmar Gabriel hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Wochenende eine gemeinsame Suche nach einem Nachfolger für Wulff angeboten, sollte dieser zurücktreten. In dem Fall bräuchten „CDU/CSU und FDP keine Sorge zu haben, dass die SPD diese Situation zu nutzen versucht, um einen eigenen Kandidaten durchzusetzen“, sagte Gabriel der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Koalitionspolitiker lehnten umgehend ab und betonten, es gebe keinen Anlass für eine Kandidatensuche. Wulff selbst bekräftigte Ende vergangener Woche vor Mitarbeitern, im Amt bleiben zu wollen.

Der SPD-Bundestagsabgeordnete und Generalsekretär der hessischen SPD, Michael Roth, sprach sich ebenfalls für Gauck aus. „Joachim Gauck passt in diese Zeit. Er wäre ein Bundespräsident, der weder sich noch das Land blamiert“, sagte Roth der „Welt“.

SPD und Grüne hatten den früheren Stasi-Beauftragten Gauck im Sommer 2010 als ihren Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten aufgestellt. In der Bundesversammlung, die das Staatsoberhaupt wählt, hätte Rot-Grün nach jetzigem Stand keine eigene Mehrheit. Aber auch die Mehrheit von Union und FDP ist sehr knapp.

Streit um Mailbox-Nachricht geht weiter

Der Streit um die Äußerungen von Bundespräsident Christian Wulff gegenüber „Bild“-Chefredakteur Kai Diekmann geht weiter. Wulffs Anwalt Gernot Lehr widersprach am Montag der Darstellung der Zeitung, das Staatsoberhaupt habe mit dem Anruf auf Diekmanns Mailbox die Berichterstattung über seinen Privatkredit verhindern wollen. Wulff habe den Artikel lediglich verschieben wollen, sagte Lehr im Deutschlandfunk. Dagegen sagte der stellvertretende „Bild“-Chefredakteur Nikolaus Blome am Sonntagabend in der ARD-Sendung „Günther Jauch“, Wulff habe den Artikel "eindeutig" verhindern wollen. "Der Bundespräsident hat vielleicht das Verschieben als Etappe gesehen, das Verhindern ganz eindeutig als Ziel."

Ob der Wortlaut von Wulffs Mailbox-Nachricht veröffentlicht werde, sei Sache der Medien, sagte in der Zwischenzeit Wulffs Anwalt Lehr. „Bild“ hatte Wulffs Zustimmung dazu erbeten, diese aber nicht erhalten. „Es ist nicht richtig, dass hier eine große Angst besteht vor einer Veröffentlichung, aber es ist Angelegenheit der "Bild"-Zeitung, diesen Tabubruch zu begehen“, sagte der Anwalt.

Die Causa Wulff in Bildern:

Wulff selbst hatte in der vergangenen Woche in einem Interview von ARD und ZDF erklärt, es sei ihm nur darum gegangen, die Berichterstattung um einen Tag zu verschieben, damit man nach seiner Auslandsreise darüber miteinander hätte reden können. "Ich habe nicht versucht, sie zu verhindern." Blome sagte in der ARD, Wulff sei ein enormes politisches Risiko eingegangen, indem er sich auf der Mailbox verewigt habe. „Der Präsident ist aufs Ganze gegangen mit einem politischen Risiko, weil er das Ganze wollte, nämlich diesen Bericht zu verhindern.“ Nach inzwischen vier Wochen dauernder Debatte über Wulff wegen seiner Kredit- und Medienaffäre spricht die Opposition inzwischen offen über die Wahl eines Nachfolgers. Die Vorsitzenden von SPD und Grünen, Sigmar Gabriel und Claudia Roth, boten der schwarz-gelben Koalition an, gemeinsam eine geeignete Persönlichkeit für Wulffs Nachfolge zu suchen, falls dieser zurücktreten sollte.

Die Schuh-Demo vor dem Schloss Bellevue in Bildern:

Roth bezeichnete die Debatte um den angeschlagenen Bundespräsidenten als „bizarres Spektakel“. Im Radiosender Bayern2 forderte sie die Kanzlerin am Montag erneut auf, sich in der Sache klarer zu positionieren. „Wir erleben eine Bundeskanzlerin, die so tut, als sei das eine Privatangelegenheit von Herrn Wulff, ob und wie er mit der Wahrheit umgeht“, sagte Roth. Falls es zu einer Neuwahl des Bundespräsidenten komme, erwarte Roth, dass Merkel „auf die Opposition zugeht und dass man gemeinsam nach einer Persönlichkeit sucht“. In der ZDF-Sendung „Berlin direkt“ am Sonntagabend sagte Gabriel, die SPD wolle gar keinen eigenen Kandidaten benennen, die CDU könne auch jemanden aus ihren Reihen vorschlagen. In der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“ wies Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) Gabriels Offerte zurück: „Der Bundespräsident wird im Amt bleiben.

Und deswegen sind alle Diskussionen darüber, wer einen neuen Kandidaten bringen könnte, Unsinn.“ Zugleich räumte er ein, dass Wulff Fehler gemacht habe. „Es war sicher kein Ausweis von Klugheit, einem Chefredakteur eine solche Sache auf die Mailbox zu sprechen.“ (AFP/dpa/Reuters)

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