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Panama City, auch Klein-Manhattan genannt.

© epd

Debatte um die Panama Papers: Was legal ist, muss nicht legitim sein

Der Wahn einer abgehobenen Gesellschaft: Warum Offshore-Geschäfte und Briefkastenfirmelei der gesamten Unternehmerschaft schaden. Ein Kommentar

Ein Kommentar von Albert Funk

Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) ist bekanntlich ein linker Thinktank, der dem Sozialismus huldigt. Kein Wunder also, dass zwei dort arbeitende, vermutlich zum Kommunismus neigende Ökonominnen das Gründen von Briefkastenfirmen und das Wirtschaften mit Konten in Steueroasen mit Unverständnis kommentierten. Das sei zwar per se nicht illegal, schrieben sie, aber sie stellten auch fest: „Legal heißt nicht legitim“.

Und das ist eine gute Benennung des Phänomens, das die Panama-Papers einmal mehr offenbart haben: einen Sumpf von Verschleierung, Intransparenz und Halbweltgebaren einer weltweiten Clique von Superreichen, Möchtegern-Superreichen und Müßiggängern, Schattenfiguren und Kriminellen, Sportstars und anderen Berühmtheiten, unangenehmen Politikern, aktiven Steuerhinterziehern und Unternehmern, bei denen Steuervermeidung zum Geschäftsmodell gehört (das andernfalls wohl nicht ganz so erfolgreich wäre). Und zu diesem Milieu gehört ein Heer von Juristen und Finanzmanagern, die ihr Geld mit der Beratung dieser Leute verdienen.

Rufschädigendes Verhalten

Wenn nun aber ein wirtschaftsnahes, von Unternehmern finanziertes Institut wie das IW (der Einstieg in den Text war ein Scherz!) sich schon bemüßigt fühlt, Distanz zu wahren zum Geschäftsgebaren dieser Reichen-Clique und zu Unternehmen, die sich ebenfalls in Ländern wie Panama oder britischen Offshore-Paradiesen wie den Jungferninseln tummeln, dann lässt das tief blicken. Denn natürlich fürchtet man beim IW in Köln alles, was der Wirtschaft schaden könnte. Und jene Clique und eben jene Unternehmerschaft, die sich der Offshore-Konstrukte bedient, verhält sich rufschädigend. Sie bewirken damit genau das, was man in der Wirtschaft nicht mag – mehr Regulierung nämlich.  

Es muss immer eine Abwägung geben zwischen dem, was legal ist, und dem, was in einer Gesellschaft dennoch als nicht legitim betrachtet wird. In diesem Bereich nicht alles auszunutzen, was möglich ist, gehört zu den Geboten der Klugheit. Die deutschen Reeder etwa haben in Deutschland massive Steuervergünstigungen – sie müssen zum Beispiel demnächst gar keine Lohnsteuern mehr abführen, sondern können sie für sich behalten. Wer daher argumentiert, dass das Ausflaggen nach Panama gut und richtig und das Gründen einer Briefkastenfirma dort sozusagen ein wirtschaftlich notwendiger Akt ist, der hat diese Abwägung nicht geleistet. Dem ist offenbar auch egal, was der Rest sich denkt. Dieser Rest aber kann nicht ausflaggen.

Eine eigene Gesellschaft

Aber ein Großteil der Nutzer von Offshore-Konten und Briefkastenfirmen betrachtet sich ohnehin nicht mehr als Teil der Gesellschaft oder der Gesellschaften, in denen man sich bewegt. Man nutzt zwar gern ihre Vorteile, deren Rechtsordnung und deren Sicherheitsleistungen, aber man glaubt ihnen nichts zu schulden. Die Clique, die ihre Geschäfte via Panama und Konsortenstaaten führt, ist eine eigene Gesellschaft geworden, die sich staatsfern zu organisieren begonnen hat und in der Potentanten und unsaubere Demokraten sich mit Mafiosi, überbezahlten Rennfahrern oder Tennisspielern, aber auch vorgeblich seriösen Unternehmern und Managern sowie weniger seriösen Verbandsfunktionären mischen. Der englische Politologe Ronen Palan nennt sie eine "globe-trotting elite", es ist eine abgehobene Geld-Elite. Sie alle eint, dass sie ihren Reichtum (oder den einer Firma) in einem Maß und in einer Art und Weise mehren wollen, der bei den weniger Begüterten als unanständig gilt.

Panama muss zu weiterer Regulierung führen

Die Finanzindustrie gilt in den Gesellschaften, aus der sich diese Clique entfernt hat, seit den Erfahrungen in der Finanzkrise endgültig nicht mehr als seriös. Das Ergebnis, darauf verweist das IW, war ein Mehr an Regulierung. Was die Geschäfte in den Offshore-Paradiesen mutmaßlich noch befördert hat. Die Panama-Papers müssen und werden daher zu weiterer Regulierung führen. Und zur Schließung der Steueroasen, zur Beendigung der komplexen Geschäfte über undurchsichtige Konstrukte, zum Eindämmen der Steuervermeidungsmöglichkeiten. Es wird ein langsamer Prozess sein, das hat man im Fall der Schweiz gesehen, aber was noch übrig ist an solchen Steueroptimierungs- und Reichtumsvermehrungsinseln hat mutmaßlich weniger Einfluss in Washington oder Brüssel oder Berlin als die Regierung in Bern. Allenfalls in London dürften sie noch Fürsprecher haben, aber das unfeine Gespinst zwischen City, Westminster und den kleinen Überseegebieten, einst Kronkolonien, sollte auch bald der Vergangenheit angehören. Denn es gibt keinen vernünftigen oder sauberen Grund, an solchen Plätzen Geschäfte zu machen oder dort sein Geld zu platzieren.

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