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Politik: Debatte um die Zukunft der Altersversorgung prägt die Klausurtagung der Grünen in Weimar

Klaus Müller versuchte die Erwartungen zu dämpfen. Im Zug nach Weimar sitzend, am Fenster zog die thüringische Landschaft vorbei, sinnierte der finanzpolitische Sprecher der Bündnisgrünen über die bevorstehende zweitägige Klausurtagung seiner Fraktion: "Also viel Kontroverses wird nicht zu hören sein.

Klaus Müller versuchte die Erwartungen zu dämpfen. Im Zug nach Weimar sitzend, am Fenster zog die thüringische Landschaft vorbei, sinnierte der finanzpolitische Sprecher der Bündnisgrünen über die bevorstehende zweitägige Klausurtagung seiner Fraktion: "Also viel Kontroverses wird nicht zu hören sein." Doch Müllers frommer Wunsch erfüllte sich nicht. Ein vorab bekannter Rentenplan der grünen Rentenexpertin Katrin Göring-Eckardt sorgte für Schlagzeilen, und hängen blieb öffentlich: Die Grünen wollen die Rente kürzen. "Jetzt stehen wir in der Öffentlichkeit wahrscheinlich als Rentenrambo da", klagte ein Parlamentarier.

So schön hatten sich die Grünen ihren zweitägigen Ausflug nach Weimar vorgestellt. In Europas Kulturhauptstadt wollten sie die politische Marschrichtung für die nächsten Monate festlegen. Angesichts der kommenden Landtags- und Kommunalwahlen und der Personalquerelen bei der SPD übte sich der kleine Koalitionspartner in Geschlossenheit. Bloß kein Streit über das Sparpaket, keine Fortsetzung des sozialdemokratischen Sommertheaters im grünen Gewand war die Devise der Fraktionsvorsitzenden Kerstin Müller und Rezzo Schlauch. Brav sagte der haushaltspolitische Sprecher der Grünen, Oswald Metzger: "Wir wollten uns nach der Sommerpause und dem Umzug nach Berlin einmal gemeinsam versammeln und diskutieren". Also versuchten sie im Weimarer Kongresszentrum am ersten Tag die Themen Atomausstieg sowie Umwelt- und Energiepolitik abzuhaken. Ohne viel Neues zu enthüllen. Dabei forderten einige Grünen-Abgeordnete kürzlich einen Neubeginn in der Umweltpolitik, der auf mehr Kooperation mit der Wirtschaft setzen soll. Jetzt gab der umweltpolitische Sprecher Reinhard Loske die Losung aus: "Wir müssen in der Umweltpolitik die richtige Mischung finden, zwischen Geschlossenheit und Profil, zwischen Konflikt und Konsens." Er träumt etwa davon, mittelfristig den Regierungsapparat umzubauen und etwa das Umweltministerium aufzuwerten.

Bau-Expertin Franziska Eichstädt-Bohlig wärmt sich an der Idee eines Altbau-Sanierungsprogramms von jährlich 300 bis 500 Millionen Mark aus Ökosteuergeldern, um den Energieverbrauch zu senken und so den Klimaschutz zu verbessern. Ansonsten blieb die Umwelt-Diskussion grundsätzlich und vage. Man drängt auf eine Novelle des Naturschutzgesetzes und will das zersplitterte Umweltrecht in einem Gesetzbuch vereinen. Ähnlich offen blieb der Weg zum Atom-Ausstieg, immerhin wurde der oft gescholtene Umweltminister Jürgen Trittin kaum kritisiert.

Nein, das Thema der Grünen in Weimar war die Rente. Fraktionsvorsitzende Kerstin Müller milderte zusammen mit Katrin Göring-Eckardt die Vorschläge ab. Jetzt wollten sie plötzlich nicht mehr das Rentenniveau von 70 auf 65 Prozent senken. Von einer Verlängerung der Lebensarbeitszeit - wie ursprünglich geplant - ist ebenfalls nicht mehr die Rede. Auch die Änderungen bei der Hinterbliebenenrente fallen weniger krass aus, als anfangs vorgesehen. Schließlich wollen die Grünen die Nettolohnformel - danach steigen die Renten entsprechend den Nettolöhnen - nicht beerdigen. Bislang plant die Regierung die Nettolohn-Anpassung für zwei Jahre auszusetzen, die Altersbezüge sollen nur wie die Preise steigen. Von ihrer Forderung nach einem demographischen Faktor - er berücksichtigt das längere Lebensalter der Menschen und lässt die Renten weniger stark steigen - haben sich die Grünen verabschiedet. Wegen der Ablehnung der SPD, meinte Schlauch. Jetzt bleibt es bei der Nettoformel, aber familienpolitische Leistungen sollen bei der Erhöhung der Renten unberücksichtigt bleiben.

Das Ende der Rentendiskussion ist damit bei den Grünen nicht in Sicht. Bislang will man nicht von einem Konzept, sondern nur von Eckpunkten reden, über die sich die Fraktion verständigen muss. Nachdenklich meinte Fraktionschef Rezzo Schlauch: "Bei uns sind halt Diskussionen anstrengend und nicht von einem Machtwort des Kanzlers geprägt."

Andreas Hoffmann

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