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Im Leipziger Stadtteil Connewitz hinterließen rund 250 Rechtsextemisten am Jahrestag von "Legida" eine Spur der Verwüstung.

© dpa

Debatte um Flüchtlinge in Deutschland: Eine Integrationspflicht für Pegida-Proleten muss her

Die CSU will Zuwanderer möglichst schnell auf "unsere Werte" verpflichten. Doch die gelten auch für Deutsche. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Arno Makowsky

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, lieber Horst!

Sicher haben Sie mitbekommen, was am Montagabend in Leipzig und Potsdam passiert ist: 250 Rechtsextreme randalierten am Jahrestag der Legida-Bewegung, Autos wurden angezündet, Schaufensterscheiben eingeschlagen. Unschön, oder? Kein Respekt gegenüber Ordnungshütern, null Streitkultur, kein Sinn für abendländische Werte. Man könnte auch sagen: Diese Leute, inklusive ihrer Sympathisanten, sind nicht bereit, „sich zu unserer Rechtsordnung und den Regeln eines friedlichen Zusammenlebens zu bekennen“.

Der Satz stammt übrigens von Ihnen, Horst, und der CSU. Er steht in dem Papier mit dem Titel „Integration – miteinander und nicht gegeneinander“, das beim Klausurtreffen in Kreuth verabschiedet wurde. Ihre CSU fordert darin eine Integrationspflicht. Allerdings nicht für Pegida-Proleten und Facebook-Hetzer, sondern für Flüchtlinge. Wer sich nicht an „unsere Werte“ hält oder sich weigert, an Deutschkursen teilzunehmen, muss mit Leistungskürzungen rechnen. Sagen Sie.

Wir fragen: Warum gilt das alles eigentlich nur für Flüchtlinge, und nicht auch für Deutsche?

Pöblern in sozialen Netzwerken würden Deutschkurse auch gut tun

Warum haben Deutsche das Recht, sich bei Demonstrationen wie die Irren aufzuführen, Medien zu beleidigen, verfassungs- und fremdenfeindliche Sprüche zu brüllen, mithin alle unsere demokratischen Werte in den Dreck zu ziehen – und müssen keine Konsequenzen fürchten? Anders gefragt, lieber Horst: Sollten unsere Integrationsbemühungen nicht gerade bei den Menschen anfangen, die sich offensichtlich in Worten und Taten außerhalb unserer Gesellschaft bewegen? Müssen wir die nicht Konsequenzen spüren lassen, bevor sie Flüchtlingsheime anzünden?

Arno Makowsky
Arno Makowsky

© Doris Spiekermann-Klaas

Sie werden jetzt sagen: Schmarrn, die sollen CSU wählen, damit sind sie ausreichend integriert. Und ausweisen kann man sie eh nicht, nicht mal aus Bayern. Das stimmt, leider. Andererseits sollte man nichts unversucht lassen, sie auf den Boden der demokratischen Ordnung zurückzuholen. Wie das geht? Ganz einfach, wir helfen Ihnen ein bisschen drauf.

Erstens: Verpflichtende Deutschkurse für Transparente-Pinsler („Sigmar das Pack Gabriel“) und Pöbler in den sozialen Netzwerken! Letztere haben fast alle ein Deutschproblem, das sich in Sätzen wie „Haut ab Flüchtlinge wo Sie herkommen“ oder „burkah träger sofort abschiebn“ manifestiert. Orthografie unterirdisch, Kommasetzung nicht vorhanden. Wer wirres Zeug schreibt, denkt auch wirres Zeug, deshalb wären Sprachkurse hilfreich für die Re-Integration dieser Problemgruppen.

Entstehen nicht auch an Stammtischen Parallelgesellschaften?

Zweitens: Politische Bildung verbessern und abfragen. Als Grundlage könnte der aktuelle Einbürgerungstest für Ausländer dienen, wobei dieser für den durchschnittlichen Pegida-Krawallo deutlich zu anspruchsvoll sein dürfte. Es besteht doch die Gefahr, dass er bei der Frage „Wie ist die Bundesrepublik Deutschland gegliedert?“ die Antwort „In vier Besatzungszonen“ ankreuzt; das entspricht ja offenbar seinem Grundgefühl. Und bei der Frage „Kann in Deutschland die Pressefreiheit abgeschafft werden?“ vermisst er vermutlich die Lösungsmöglichkeit: „Klar! Lügenpresse auf die Fresse.“

Für den Anfang ist es deshalb sicher hilfreich, zu einfacheren Mitteln zu greifen, zum Beispiel bei Demos das Grundgesetz zu verteilen – als niedrigschwelliges Angebot auch in sächsischer und bayerischer Sprache.

Drittens: Die Entstehung von Parallelgesellschaften verhindern. Wer am Stammtisch und im Internet mit Gleichgesinnten ungebremst den ganzen Tag über Flüchtlinge und Muslime herzieht, schottet sich ab und bekämpft alles, was nicht der eigenen Gartenzwerg-Kultur entspricht. Und wird zunehmend anfällig für die Parolen rechtsradikaler Hassprediger.

Aber was, sehr geehrter Herr Ministerpräsident, machen wir, wenn das alles nichts nützt? Schließlich reden wir, wie die „Neue Zürcher Zeitung“ klug analysiert, von „Menschen, die sich von den Werten unserer Gesellschaft langsam, aber sicher entfernen“. Damit hat die Zeitung junge muslimische Kriminelle gemeint, aber egal, auf die Pegidisten passt es auch. Wenn Sie integrationsunwilligen Flüchtlingen mit Leistungskürzungen drohen, dann sollte das jedenfalls auch für deutsche Verfassungsfeinde gelten.

Integration kann kein Zufall sein, das hat Julia Klöckner neulich gesagt. Wer in Deutschland lebt, muss etwas dafür tun.

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