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Politik: Debatte um Transplantationszentren

Politik diskutiert über Anzahl und Standards.

Von Sabine Beikler

Berlin - In mehreren deutschen Transplantationszentren wurden offenbar Daten schwer kranker Patienten manipuliert, um sie auf der Warteliste für Transplantationen nach oben zu hieven. Der CDU-Gesundheitspolitiker Jens Spahn fordert in der Konsequenz Qualitätskriterien für Transplantationszentren. „Der gemeinsame Bundesausschuss kann Standards und Mindestmengen für Transplantationszentren festlegen“, sagte Spahn am Donnerstag dem Tagesspiegel. Auch über eine Reduzierung der 47 Transplantationszentren könne man „nachdenken“, sagte der Unionspolitiker.

Damit steht Spahn nicht allein. „Es gibt zu viele Zentren. Wir brauchen eine Begrenzung“, sagte Carola Reimann (SPD), Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im Bundestag, dieser Zeitung. Das Bundesgesundheitsministerium müsse nun auf die Länder zugehen. Denn Krankenhausplanung ist Ländersache. Der Bund habe allein keine Kompetenzen, hieß es aus dem Ministerium. Doch Länder wie Hamburg haben bereits signalisiert, über die Anzahl der Zentren diskutieren zu wollen. Das könnte Thema auf der nächsten Gesundheitsministerkonferenz sein.

Weniger Zentren sind auch für Hans Lilie, Vorsitzender der Ständigen Kommission Organtransplantation bei der Bundesärztekammer, vorstellbar. „Im Kern ist eine Verringerung der Zentren eine richtige Forderung“, sagte Lilie dem Tagesspiegel. Transplantationsmedizin anzubieten sei auch eine „Frage der Wirtschaftlichkeit“, da eine 24-Stunden-Bereitschaft notwendig sei. Skeptisch äußerte sich Lilie zur möglichen Einführung von Qualitätsstandards für die Zentren. „Es ist schwierig, wie der Erfolg dokumentiert werden kann, da die Transplantierten entlassen und weiter am Wohnort ambulant behandelt werden.“ Aus datenschutzrechtlichen Gründen könne man den individuellen Verlauf nicht dokumentieren.

Nach Bekanntwerden der ersten Manipulationen im vergangenen Sommer wurden Konsequenzen gezogen. Darunter fallen auch unangemeldete Stichproben in den Transplantationszentren oder ein Sechs-Augen-Prinzip bei der Meldung von Patienten für die Warteliste bei Eurotransplant. „Die Maßnahmen werden peu à peu umgesetzt. Die jetzt ans Tageslicht geratenen Manipulationen sind das traurige Ergebnis dieses Prozesses“, sagte ein Ministeriumssprecher. Die SPD-Politikerin Reimann forderte die Kliniken auf, diese neuen Regelungen auch konsequent umzusetzen.

Es ist nicht ausgeschlossen, dass weitere Manipulationen aufgedeckt werden. Denn die Prüfungs- und Überwachungskommission hat zunächst mit der Kontrolle aller Zentren begonnen, in denen Lebertransplantationen angeboten werden. Die Tricksereien betreffen ausschließlich ältere Fälle. Denn seit kurzem fordert Eurotransplant nicht mehr nur die Deklaration, dass ein Patient dialysepflichtig ist. Jetzt verlangt die Organvermittlungsstelle auch die Mitsendung von Dialyseprotokollen. Sabine Beikler

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