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Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen.

© Tobias Schwarz/AFP

Debatte um Treffen mit Frauke Petry: Was Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen antreibt

Verfassungsschutzpräsident Maaßen soll wegen eines Treffens mit Frauke Petry vor den Innenausschuss. Ist er ein Sympathisant der AfD?

Von Frank Jansen

Der Urlaub wird für ihn nicht unbeschwert sein. Seit diesem Montag will sich Hans-Georg Maaßen erholen, der Bedarf an Ruhe und Ablenkung dürfte in den vergangenen Wochen zugenommen haben. In Politik und Medien wird diskutiert und spekuliert, ob der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) zu weit gegangen sein könnte, als er sich 2015 mit Frauke Petry traf, der damaligen Bundessprecherin der AfD. Maaßen wird womöglich im September, nach der Sommerpause des Bundestages, den Abgeordneten zu erläutern haben, worüber er mit Petry gesprochen hat. FDP-Chef Christian Lindner fordert eine Befragung des obersten Verfassungsschützers im Innenausschuss. Maaßen erlebt mal wieder turbulente Zeiten.

Er sehnt sie nicht herbei, aber er ist auch nicht der Typ Behördenleiter, der Turbulenzen meidet. Einige Kritiker argwöhnen sogar, Maaßen könnte ein Sympathisant der AfD sein. Ist der Mann etwa ein verkappter Rechtspopulist, der der AfD Ratschläge gibt, weil er ähnlich tickt, wie es die AfD-Aussteigerin Franziska Schreiber in ihrem Buch insinuiert?

Der Vorwurf erscheint verwegen. Der Fall zeigt bislang eher, was Maaßen antreibt. Wie er sein Amt als Chef des größten deutschen Inlandnachrichtendienstes versteht. Der 55-jährige Jurist vertritt das Konzept eines offensiven, selbstbewusst auftretenden Verfassungsschutzes. Der sich nicht wie früher in geheimdienstlichem Halbschatten versteckt, sondern Präsenz zeigt. Auch kantig.

„Stress ist was für Leistungsschwache“, hat Maaßen zu Beginn seiner Amtszeit dem Tagesspiegel gesagt. Das war im Sommer 2012, ein Dreivierteljahr nach dem NSU-Schock und kurz nach dem Rücktritt des damaligen BfV-Präsidenten Heinz Fromm, der die Verantwortung für das Schreddern von Akten zu V-Leuten aus der rechten Szene in Thüringen übernommen hatte. Die Affäre zauste das Bundesamt, ein demütiger neuer Leiter wäre nach dem Geschmack der Öffentlichkeit gewesen, in der die Forderung nach der Abschaffung des Verfassungsschutzes unüberhörbar war. Doch es folgte kein Leisetreter auf den moderaten, zuletzt resignativen Heinz Fromm. Aus dem Bundesinnenministerium kam Hans-Georg Maaßen.

Im Kampf gegen Rechtsextremisten gewann er Statur

Der robuste Terrorismusexperte richtete das Bundesamt wieder auf. Auf das NSU-Debakel reagierte Maaßen mit einem schärferen Kurs gegenüber militanten Rechtsextremisten – und hatte Erfolg. Im Mai 2015 konnte dank der Beobachtung durch das BfV die rassistische Bande „Oldschool Society“ ausgehoben werden, bevor sie die bereits geplanten Anschläge auf Flüchtlingsheime begann. Maaßen gewann an Statur.

2015 traute er sich auch, mit Strafanzeigen gegen Unbekannt ein Verfahren in die Wege zu leiten, das Ärger garantierte. Anlass war die Veröffentlichung eines vertraulichen Papiers des BfV durch die Internetplattform „netzpolitik.org.“ Der damalige Generalbundesanwalt Harald Range leitete Ermittlungen gegen die Blogger wegen des Verdachts auf Landesverrat ein. Die öffentliche Empörung über ein Verfahren gegen investigative Journalisten war groß. Range stellte dann die Ermittlungen ein. Politiker forderten den Rücktritt Maaßens. Er blieb. Unbeirrt.

2015 kritisierte Maaßen Merkels Flüchtlingspolitik

Im Herbst 2015 opponierte er mit dem Chef der Bundespolizei, Dieter Romann, gegen die Entscheidung von Angela Merkel, hunderttausende Flüchtlinge aus Syrien ins Land zu lassen. Die beiden Sicherheitsexperten befürchteten, den zeitweise unkontrollierten Zustrom von Menschen könnten Terroristen und andere Kriminelle für sich nutzen. Merkel blieb jedoch bei ihrem Kurs. Dass die Bedenken von Maaßen und Romann keine Hirngespinste waren, zeigte im November des Jahres der verheerende Terrorangriff des IS in Paris. Täter waren als Flüchtlinge getarnt nach Europa gereist.

Dass Maaßen 2015 auch die damalige AfD-Chefin Frauke Petry traf, lässt sich allerdings nach allem, was bislang bekannt ist, in keinen Zusammenhang mit der „Flüchtlingskrise“ bringen. Naheliegend ist nach jetzigem Erkenntnisstand, dass sich die Gespräche mit Petry in die Serie von inzwischen fast 200 Kontakten Maaßens mit Politikern einreihen, deren Parteien im Bundestag oder zumindest in Landtagen vertreten sind. Der BfV-Präsident wirbt gerne persönlich für seine Sichtweise zu Extremismus, Terror, Vorratsdatenspeicherung und mehr.

Dass Petry anders als BfV und Bundesinnenministerium die Treffen bestreitet, ist rational schwer erklärbar. Maaßen bleibt jedenfalls dabei, er habe keine Ratschläge gegeben, wie die AfD der Beobachtung durch den Verfassungsschutz entgehen könnte. Dazu passt, dass auch die Landesbehörden für Verfassungsschutz bislang eine Beobachtung der Partei ablehnen. Wenn Buchautorin Schreiber keine Beweise für ihre Thesen vorlegt, steigen Maaßens Chancen, den Sommer wenn schon nicht unbeschwert, dann aber doch unbeschadet zu überstehen.

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