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„Um Speichern eine ihrem Systemnutzen entsprechende Refinanzierung zu ermöglichen, müssen diese Leistungen einen angemessenen Wert erhalten.“

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Debatte zur Flexibilität im Strommarkt: Flexibilität im Strommarkt muss sich rechnen - Speicher spielen entscheidende Rolle

Eine einheitliche gesetzliche Definition für Energiespeicher und eine Anpassung der Präqualifizierungsanforderungen am Regelenergiemarkt fordert Urban Windelen (BVES). Die Systemleistung von Speichern soll einen Wert erhalten. Ein Debattenbeitrag.

Damit die Energiewende und damit einhergehend der Ausbau der Erneuerbaren Energien – nach den Plänen der Bundesregierung soll der Anteil an der Stromversorgung in Deutschland 2025 40 bis 45 Prozent und 2050 mindestens 80 Prozent betragen – bezahlbar und sicher umgesetzt werden kann, ist die intelligente Weiterentwicklung des Energiemarktdesigns zwingende Voraussetzung. Flexibilisierung und hierbei der Einsatz von Energiespeichern spielen eine zentrale Rolle.

Urban Windelen, Geschäftsführer des Bundesverbandes Energiespeicher
Urban Windelen, Geschäftsführer des Bundesverbandes Energiespeicher

© BVES

Wie bereits im Grünbuch der Bundesregierung dargelegt, werden im zukünftigen Strommarktdesign Anreize für Flexibilitätselemente benötigt. Neben flexibler Erzeugung, Nachfrage-Regulierung – Demand Side Management (DSM) – und leistungsfähigen Netzen sind Speicher als wesentliche Flexibilitätsoption eigenständig zu betrachten. Die Flexibilisierungsoptionen sollen gleichwertig und unabhängig nebeneinander im Markt agieren.

Ein faires Nebeneinander dieser Optionen ist jedoch noch nicht gegeben.

Speicher können sowohl im Sekundenbereich als auch saisonal über einen längeren Zeitraum hinweg Energie bereitstellen. Die verschiedensten Speichertechnologien – beispielsweise Batterien, Power-to-Gas Anlagen, Pumpspeicherkraftwerke oder auch saisonale Wärmespeicher – ermöglichen es, überschüssig erzeugten Solar- und Windstrom direkt oder umgewandelt in eine andere Energieform zu speichern und bedarfsgerecht zu einem späteren Zeitpunkt - an sonnen-und windarmen Tagen – in Form von Strom, Wärme oder Treibstoff wieder zur Verfügung zu stellen.

Darüber hinaus können Speicher Systemdienstleistungen wie Lieferung von Momentanreserve, Primärregelleistung, Sekundärregelleistung und Minutenreserve sowie weitere systemdienliche Leistungen wie Spannungshaltung, Blindleistung, Redispatch, Kurzschlussleistung, Frequenzhaltung und Schwarzstartfähigkeit erbringen. Damit tragen sie entscheidend zur sicheren und effizienten Integration der zunehmenden Menge fluktuierender Erneuerbarer Energien in das Stromnetz bei.

Um Speichern eine ihrem Systemnutzen entsprechende Refinanzierung zu ermöglichen, müssen diese Leistungen einen angemessenen Wert erhalten. Darüber hinaus müssen klare Definitionen geschaffen und Markteintrittsbarrieren wie Letztverbraucherabgaben und intransparente Präqualifikationsbestimmungen beseitigt werden.

Konkret fordert der BVES eine einheitliche gesetzliche Energiespeicherdefinition als 4. eigenständige Säule des Energiesystems neben Netzen, Erzeugung und Last. Nach dieser Definition wird Energie gespeichert und rückverstromt oder umgewandelt – also nicht verbraucht. Entsprechend ist eine gesetzliche Klarstellung in den betreffenden Vorschriften zwingend notwendig, dass Speicher keine Letztverbraucher sind und daher nicht mehr mit Letztverbraucherabgaben belastet werden.

Darüber hinaus müssen dem Systemnutzen angemessene marktwirtschaftliche Anreize geschaffen werden. Klassische Systemdienstleistungen im engeren Sinne (Primär- und Sekundärregelleistung sowie Minutenreserve) werden im Regelenergiemarkt auktioniert. Auch für weitere systemdienliche Leistungen (Blindleistung, Kurzschlussleistung, Schwarzstartfähigkeit, Momentanreserve) der Speicher, die zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit und Systemstabilität notwendig sind, sollte eine technologieoffene marktwirtschaftliche Auktionierung ermöglicht werden.

Die Präqualifikationsanforderungen müssen die Teilnahme von Batteriespeichern am Regelenergiemarkt (Angebot von Primärregelleistung) diskriminierungsfrei und technologieneutral durch objektiv einheitliche und nachvollziehbare Rahmenbedingungen ermöglichen. Eine zügige Klarstellung des regulatorischen Rahmens und der dort aufgeführten technischen Anforderungen, die keinesfalls verschärft werden dürfen, ist ebenso erforderlich wie die Möglichkeit der ganzheitlichen Bewertung von Anlagenpools.

Ein flexibler Ausgleich von Erzeugung und Last sollte auch auf Verteilnetzebene durch marktwirtschaftliche Instrumente gefördert werden, um die zunehmende Dezentralisierung der Energieerzeugung zu unterstützen. Vor diesem Hintergrund sollten auch solche Konzepte eine Berücksichtigung finden, bei denen regional erzeugte erneuerbare Energie in das regionale Stromnetz eingespeist und mit Hilfe von Speichern direkt im regionalen Stromnetz ausgeregelt werden kann.

Eine Debatte des Tagesspiegel Politikmonitorings
Eine Debatte des Tagesspiegel Politikmonitorings

© TPM

Mit der gezielten Kombination von EE-Anlagen und Speichern können Erneuerbare Energien mehr Systemverantwortung übernehmen. Die Allokation der Speicher in der Nähe von Erneuerbaren Anlagen sorgt lokal für den systemdienlichen Ausgleich von Erzeugung und Verbrauch. Solche Projekte sollten verstärkt geplant und unterstützt werden.

Um das Ziel der Energiewende – eine CO2-arme Energieversorgung auf Basis erneuerbarer Energien – zu erreichen, werden Energiespeicher als Flexibilitätsoption eine entscheidende Rolle spielen. Deshalb müssen die Rahmenbedingungen dringend angepasst werden, damit Speicher diese Rolle so schnell wie möglich einnehmen können. Hierfür setzt sich der BVES auf allen Ebenen ein.

Urban Windelen ist Rechtsanwalt und seit Oktober 2014 Geschäftsführer des Bundesverbandes Energiespeicher (BVES). Sein Beitrag erscheint im Rahmen der Debatte des Tagesspiegel Politikmonitorings zur Flexibilität im Strommarkt. Alle Debattenbeiträge finden Sie hier.

Cordelia Thielitz: Batteriespeicher als Beitrag zu Flexibilität und Versorgungssicherheit im Strommarkt

Dirk Becker: Versorgungssicherheit: Die Energiewende darf nicht ohne eine Flexibilisierung von Erzeugung und Verbrauch gedacht werden

Hermann Falk: Flexibilität als Schlüssel für das Energiesystem der Zukunft

Eva Bulling-Schröter: Gesucht wird: Verlässlicher Partner von Sonne und Wind

Alexandra Langenheld: Mehr "Flex-Efficiency" für den Strommarkt

Julia Verlinden: Die neue Energiewelt – Flexibilität im Strommarkt als Schlüssel

Hildegard Müller: Die Energiewende braucht intelligente Lösungen

Hendrik Köstens: Die Rolle der Flexibilität im Strommarkt der Zukunft - Eine Einführung in die Debatte

Urban Windelen

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