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Coole Socke - bevor es ihm in Berlin zu heiß wurde. CDU-Chef Friedrich Merz und seine Frau Charlotte bei der Landung mit ihrem Privatflieger auf Sylt.

© dpa

Debattenkultur: Vorher canceln wäre besser gewesen

Friedrich Merz sitzt in der Falle - wegen einer Absage bei einem rechtslastigen Forum in der eigenen Landesvertretung. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Fehler, einer nach dem anderen, und von einem nach dem anderen. Aber der Reihe nach: Der Fall ist verwickelt, und es gibt überall Verlierer.

Ausgangspunkt ist: CDU-Chef Friedrich Merz hatte zugesagt, am 31. August an einem „Transatlantic Forum“ teilzunehmen, (mit) veranstaltet von „The Republic“, einer neuen, für manche zweifelhaften konservativen Kampagnenplattform in der Vertretung des Landes Baden-Württemberg in Berlin. Mit dabei: meinungsstarke Diskutanten, Konservative, AfD-Nahe.

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Nun zum Ort, der Landesvertretung: Selbst wenn im Ländle Grün- Schwarz regiert und die Grünen dort schwärzer sind als überall anders, ist ihnen die Brisanz aufgegangen. Und die Offenheit für die Treffen als Fehler. Wobei Merz, der Oppositionsführer mit Willen zur Macht, vor dem knallig konservativen Background sowieso besser nicht zugesagt hätte. Das war eine selbstgestellte Falle – und ein Fehler.

Umgekehrt hätte er dann allerdings nach seiner Klage, die Linke fördere „Cancel Culture“, also ziehe gegen nicht genehme Meinungen und Personen zu Felde, nicht so fadenscheinig absagen dürfen: mit der Begründung, das Programm habe sich geändert. Es hatte sich wohl eher der Blick aufs Programm geändert – nach der harten öffentlichen Kritik daran, ironischerweise von den Linken.

Vor den Kopf gestoßen

Dabei hatte Merz seinen Gesprächspartner – den republikanischen US-Senator Lindsay Graham – von Anfang an nur zu zweit treffen sollen. Graham fühlt sich vor dem Hintergrund jetzt vor den Kopf gestoßen. Ein Fehler, und der Senator revanchiert sich: „Bei Konservativen geht es um einen offenen, ehrlichen Dialog, in dem Standpunkte dargelegt werden und die Menschen zusammensitzen und einander zuhören“; Konservative würden sich „nicht gegenseitig canceln, bevor sie sprechen“.

So stößt Graham Merz vor den Kopf – was umgekehrt von ihm ein Fehler ist. Denn er, zu lange an der Seite Donald Trumps, sucht doch eingebüßte Reputation wiederzugewinnen. Aber Graham trifft einen Punkt mit seinem Mantra des Konservativen: zusammenzusitzen, um sich auseinanderzusetzen. Es war ja diese andere Runde, in der der meinungsstarke Publizist Henryk M. Broder mit dem umstrittenen Rechtsanwalt Joachim Steinhöfel und dem ultrakonservativen US-Aktivisten Grover Norquist über die Bedeutung von Freiheit debattieren sollte. Solche Runden versprechen Auseinandersetzungen.

Karin Prien, der CDU-Vize, blieb vorbehalten, die vielen Fehler in diesem Fall zusammenzufassen. Sie finde, es sei wichtig, dass Konservative weltweit im Dialog blieben, Abgrenzung zu Reaktionären und Rechtsradikalen sei aber gleichermaßen notwendig. Das muss einem nur früher einfallen.

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