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Der Petersdom in Rom.

© Andrew Medichini/AP/dpa

Dekret gegen die Dekadenz: Papst setzt Reform der vatikanischen Finanzen durch

Mit der Entmachtung des Staatssekretariats und der Konzentration der Kompetenzen versucht Franziskus, unheilige Geschäfte im Kirchenstaat zu unterbinden.

Das neue Motu proprio trägt einen harmlosen Titel „Über einige Kompetenzen in wirtschaftlichen und finanziellen Angelegenheiten“.

Aber das päpstliche Dekret hat es in sich: Es entzieht dem bisher allmächtigen Staatssekretariat jegliche finanzielle Autonomie. Die Superbehörde der römischen Kurie, zugleich Außen- und Innenministerium des Kirchenstaats, wird ab sofort keinen Euro mehr ausgeben können, ohne dass die interne Finanzkontrolle oder der Papst persönlich ihren Segen dazu geben.

Alle Konten des Staatssekretariats bei der Vatikanbank IOR, aber auch alle Auslandkonten, werden aufgehoben und die Guthaben an die vatikanische Vermögensverwaltung Apsa (Amministrazione del Patrimonio della Sede Apostolica) übertragen. Die Apsa, die bisher hauptsächlich das milliardenschwere Immobilienvermögen des Heiligen Stuhls verwaltete, wird nun alle Finanzströme des Kirchenstaats dirigieren und überwachen.

Unterstützt von der internen Finanzkontrolle, dem Wirtschaftssekretariat. Das gilt insbesondere für den sogenannten Peterspfennig, also für Spenden der Gläubigen in aller Welt, die eigentlich für wohltätige Zwecke und die Evangelisierung bestimmt wären.

Riskante Immobilienspekulationen in London

Im Staatssekretariat war der Peterspfennig auch für andere Zwecke missbraucht worden – etwa für riskante Immobilienspekulationen in London, bei der die vom Staatssekretariat angeheuerten Broker Summen in dreistelliger Millionenhöhe verzockt hatten.
Der Finanzskandal um die Luxus-Immobilie an der Sloane Avenue im Londoner Stadtteil Chelsea war der Tropfen, der das Fass hatte überlaufen lassen.

Die Affäre war im Jahr 2019 aufgeflogen. Die Bemühungen des Papstes, den Finanzsumpf im Kirchenstaat trockenzulegen, dauern schon sehr viel länger, nämlich seit seiner Wahl zum Papst im Frühling 2013.

Der Argentinier war damals vor allem von den nicht-italienischen Kardinälen gewählt worden, weil sie ihm zutrauten, die Kurie auszumisten und deren Finanzgebaren transparenter und letztlich auch wieder christlicher zu gestalten.

Die "Bank Gottes" - eine mafiöse Geldwaschmaschine

In der Vatikanbank IOR ist nun wieder Ruhe eingekehrt – vor den Reformen Bergoglios hatte die „Bank Gottes“ den Ruf einer mafiösen Geldwaschmaschine. Die Widerstände im Staatssekretariat dagegen waren erbittert.

Seit Jahren hatte dieses keine ordentliche Jahresbilanz vorlegt, seine Finanzen waren deshalb vollkommen intransparent.

Als Franziskus ein Jahr nach seiner Wahl das Wirtschaftssekretariat aus der Taufe hob und den australischen Kardinal George Pell an dessen Spitze setzte, kam es hinter den Kulissen schnell zu einem Machtkampf zwischen dem „Ranger“, wie der hemdsärmlige ehemalige Rugby-Spieler Pell in der Kurie genannt wurde, und der damaligen Nummer 2 im Staatssekretariat, dem sardischen Kardinal Angelo Becciu.

Pell hatte sein Augenmerk auf das eigenmächtige Finanzgebaren im Staatssekretariat gerichtet – aber als in Melbourne gegen ihn Anklage wegen sexuellen Missbrauchs erhoben wurde, schien er den Machtkampf verloren zu haben.

Zeugen waren bestochen worden

Inzwischen steht der Verdacht im Raum, dass Becciu in Australien Zeugen bestochen habe, damit diese seinen Widersacher mit erfunden Aussagen belasteten. Becciu bestreitet dies, aber dieses Jahr hat das oberste Gericht Australiens den zunächst verurteilten Pell von allen Vorwürfen freigesprochen.

Franziskus hat den „Ranger“ danach in Rom zur Privataudienz empfangen und ihn damit symbolisch rehabilitiert. Dafür ist Becciu in Ungnade gefallen: Im Zusammenhang mit den Skandal um die Londoner Immobilie hat ihn Franziskus im September von allen Ämtern enthoben und ihm auch die Kardinalswürde abgesprochen.

Das Ziel: mehr Transparenz

Mit dem neuen Motu proprio zum Jahresende 2020 ist die wichtigste Reform von Papst Franziskus nun weitgehend unter Dach und Fach.

Das päpstliche Dekret enthält neben der Entmachtung des Staatssekretariats auch noch weitere Normen und Weisungen, die zu mehr Transparenz in den vatikanischen Finanzen führen sollen.

Es tritt zum 1. Januar in Kraft, damit der Kirchenstaat bereits im kommenden Jahr eine aussagekräftigere Bilanz erstellen kann als dies bisher der Fall war.

„Es war notwendig gewesen, der Verwaltung der vatikanischen Finanzen eine Wende zu geben, um die Transparenz und Kosteneinsparungen zu erhöhen“, kommentiert Nunzio Galantino, Chef der apostolischen Güterverwaltung Aspa, das Motu proprio seines Vorgesetzten.

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