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Delmenhorst: "Die Nazis sind wir los"

Oberbürgermeister Patrick de La Lanne (SPD) ist erleichtert. "Wir haben es geschafft", sagt er nach dem Erwerb des leer stehenden "Hotels am Stadtpark". Dafür musste die Kommune einen politischen Preis zahlen.

Delmenhorst - "Wir haben die Nazis aus unserer Stadt ferngehalten." Hinter der Stadt lägen fünf Monate zäher Verhandlungen mit dem bisherigen Eigentümer Günter Mergel. Drei Millionen Euro bezahlt die Stadt für das Gebäude gegenüber dem Rathaus. So hatte es der Rat im Oktober beschlossen.

Ein Drittel des Geldes wird aus Spenden finanziert, 500.000 Euro trägt die städtische Wohnungsbaugesellschaft GSG, die auch die offizielle Käuferin im Auftrag der Stadt ist. Die restlichen 1,5 Millionen Euro, zuzüglich weiterer Kosten wie Grunderwerbssteuer und Notargebühren in Höhe von 200.000 Euro, will die Stadt finanzieren. Der als rechtsextrem eingestufte Hamburger Anwalt Jürgen Rieger hatte Mergel 3,4 Millionen Euro geboten. Er wollte in dem Hotel ein Nazi-Schulungszentrum einrichten.

Politischer Preis

Das wäre ein Horrorszenario für den im September gewählten Oberbürgermeister gewesen. "Delmenhorst wäre lahm gelegt worden durch die Nazis", ist er sich sicher. Deshalb hält er den Preis über drei Millionen Euro für das Hotel, das einen geschätzten Verkehrswert von rund 1,3 Millionen hat, für "absolut gerechtfertigt". Bis zuletzt habe es eine akute Bedrohung durch Rieger gegeben, sagt der Vermittler zwischen Stadt und Hotelbesitzer, Christian Glaß. Es gebe keine Belege dafür, dass die Kaufabsichten Riegers ein "abgekartetes Spiel" zwischen dem NPD-Bundesvorstandsmitglied und Mergel gewesen seien.

"Wir haben einen politischen Preis bezahlt", betont de La Lanne. Einen Preis, den sich das mit 79 Millionen Euro verschuldete Delmenhorst eigentlich nicht leisten kann. Für die Kaufsumme sowie für die Zinsen und den Betrieb müsse an anderer Stelle gespart werden, räumte de La Lanne ein. Wo, stehe noch nicht fest. Klar sei aber, dass das Gebäude die Stadt schon bald nicht weiter belasten dürfe. Deshalb müsse möglichst noch im kommenden Jahr entschieden werden, wie das Gebäude künftig genutzt werde.

Viele Bürger erleichtert

An der Entscheidungsfindung sollen die Bürger beteiligt werden, als Dank für das hohe Spendenaufkommen und für die zahlreichen Protestveranstaltungen gegen ein Nazi-Schulungszentrum. Die Bürgerinitiative "Für Delmenhorst" und das Aktionsbündnis "Forum gegen rechts" sammelten bislang 937.000 Euro, um die Stadt beim Kauf zu unterstützen. Es gebe bereits eine Reihe von Vorschlägen von Bürgern für die künftige Nutzung des Hotels, sagte de La Lanne. Wichtig sei jedoch die Finanzierbarkeit der Ideen.

Delmenhorster Bürger zeigen sich erleichtert über den Kauf des Hotels. "Die Nazis sind wir los", freut sich ein 66 Jahre alter Mann in der Fußgängerzone. "Mir fällt ein Stein vom Herzen, dass die Geschichte jetzt endlich zu Ende ist", sagt eine 58-Jährige. Konkrete Vorstellungen über die künftige Nutzung habe sie bislang noch nicht. Ihrer Ansicht nach könnte wieder ein Hotel eröffnet werden. "In der guten Innenstadtlage ist das doch ideal", sagt die Frau. (Von Janet Binder, ddp)

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