zum Hauptinhalt

Politik: Dem Westen fällt kein Mittel gegen Moskaus Kaukasus-Krieg ein - Die Bundesregierung denkt über eine gemeinsame EU-Resolution nach

Der deutsche Botschafter kam ziemlich undiplomatisch zur Sache: Sollte Moskau seinen Tschetschenien-Feldzug forsetzen, warnte Ernst-Jörg von Studnitz, würden "die Beziehungen zum Westen in bestimmten Aspekten schwieriger". Während der deutsche Außenminister Joschka Fischer seinen Moskauer Statthalter reden ließ, griff sein britischer Amtskollege Robin Cook zum Telefonhörer.

Der deutsche Botschafter kam ziemlich undiplomatisch zur Sache: Sollte Moskau seinen Tschetschenien-Feldzug forsetzen, warnte Ernst-Jörg von Studnitz, würden "die Beziehungen zum Westen in bestimmten Aspekten schwieriger". Während der deutsche Außenminister Joschka Fischer seinen Moskauer Statthalter reden ließ, griff sein britischer Amtskollege Robin Cook zum Telefonhörer. Im Gespräch mit Russlands Außenminster Igor Iwanow beklagte er "den Mangel an einer politischen Strategie". Er meinte Moskau, doch der Satz trifft auf die westlichen Kritiker der russischen Gewaltpolitik nicht minder zu. Wie der Vormarsch auf Grosny zu stoppen oder auch nur zu bremsen sei, dafür ist nirgends ein Mittel in Sicht. Klar ist nur, was ein deutscher Diplomat in den Satz fasst: "Einmarschieren können wir nicht." Moskau ist nicht Belgrad.

Auch für das zweitschärfste Mittel, die Vorenthaltung ökonomischer Hilfen für die stets gelddurstige Administration und Wirtschaft, gibt es derzeit keinen Ansatzpunkt. Zur Zeit sind keine Hilfen im Fluss, Entscheidungen über neue stehen nicht an; bleiben also nur die verschiedenen Ausformungen der Diplomatie. Laut, leise, scharf, schärfer und dann? Derzeit schwindet die Milde aus den Tönen. Aber welche Bedeutung hat das Bild im Ausland für eine russische Innenpolitik, die gebannt ist von der Erwartung der Parlamentswahl am 19. Dezember? Premier Wladimir Putins Umfragewerte steigen mit der Härte seines Vorgehens.

So fällt der westliche Blick so bang wie hoffnungsvoll auf den 19. November. Da treffen sich die Staats- und Regierungschefs der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in Istanbul. Sie wollen die neue Fassung des KSE-Vertrages über konventionelle Rüstungskontrolle unterzeichnen. Die OSZE ist eine Organisation, die Moskau gern ins Feld führt, wenn nach westlicher Auffassung irgendwo die Nato Ordnung schaffen soll. In Berliner Regierungskreisen wird vorsichtig gelobt, dass Russland sich auf die Befassung durch die OSZE zubewege. Nicht nur deswalb ist von Istanbul keine Resolution zu erwarten, die Russland verurteilt. Dazu wäre Einstimmigkeit, also die Moskauer Stimme nötig.

Und die Drohung, den KSE-Vertrag nicht zu unterzeichnen? Dann täten wir das gleiche bei den konventionellen Waffen, was der US-Senat mit dem Atomteststopp-Abkommen gemacht hat, heisst es in Berlin. Nicht sinnvoll. Das Problem: Durch seine Panzerkonzentration im Kaukasus verstösst Moskau bereits gegen den Vertrag. Folge? Hilfloses Schulterzucken. Die Bundesregierung wird sich nach Tagesspiegel-Informationen wohl für eine Resolution der EU entscheiden. Und vielleicht fährt der neue EU-"Außenminister" Javier Solana nach Moskau. Wenn er empfangen wird. Moskau ist eben nicht Belgrad.

Thomas Kröter

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false