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Politik: Demokratie per Mausklick: Online-Abstimmung als Alternative zur Briefwahl

Wählen per Internet könnte so einfach sein. Statt zum Wahllokal zu gehen, um dort sein Kreuzchen zu machen, gibt der Wähler seine Stimme mit einem Mausklick am heimischen Computer ab.

Wählen per Internet könnte so einfach sein. Statt zum Wahllokal zu gehen, um dort sein Kreuzchen zu machen, gibt der Wähler seine Stimme mit einem Mausklick am heimischen Computer ab. Im virtuellen Wahllokal identifiziert er sich über eine Chipkarte und schickt seinen Wahlschein verschlüsselt und versiegelt ab. Zukunftsmusik? Das Verfahren hat den ersten Praxistest schon hinter sich: Bei der Wahl zum Studentenparlament der Universität Osnabrück im vergangenen Jahr konnte per Internet abgestimmt werden. Für Bundeswirtschaftsminister Müller hat das von seinem Ressort geförderte Projekt "i-vote" Modellcharakter. Die Abstimmung in Osnabrück sei "die weltweit erste rechtsgültige Internet-Wahl" gewesen, betonte Müller am Donnerstag bei dem Kongress "Internet - eine Chance für die Demokratie?".

Der Wirtschaftsminister sieht in der Stimmabgabe über das Internet "eine echte Alternative zur Briefwahl". Bundesinnenminister Otto Schily möchte dieses Modell hingegen nicht allzu schnell auf Bundestagswahlen übertragen sehen. "Bis zur Online-Wahl ist es noch ein weiter Weg." Bis 2006 sollen zunächst alle Wahllokale vernetzt werden. Dann könnten die Wähler von jedem beliebigen Ort aus ihre Stimme abgeben. Die Abstimmung per Internet ist nach den Worten Schilys erst bei der Bundestagswahl 2010 "denkbar". Zwar betonen Schily und Müller gleichermaßen die Chancen, die das Internet für den demokratischen Prozess und für eine verstärkte Bürgerbeteiligung bietet. Doch der Innenminister führt gegen die Abstimmung per Computer Sicherheitsbedenken ins Feld: Die Prinzipien eines demokratischen Wahlverfahrens müssten gewährleistet sein. Als Hauptprobleme einer Online-Wahl gelten die Identifizierung des Wahlberechtigten und die Gewährleistung einer geheimen Stimmabgabe. Der Schaden, den etwaige Fehler anrichten könnten, wäre "katastrophal", so Schily.

Als vielversprechendes Einsatzfeld für die neuen Formen der "elektronischen Demokratie" empfiehlt Müller die Betriebsratswahlen. Auch Aktionäre könnten elektronisch abstimmen, sagt der Wirtschaftminister. Schily hält außerdem Volksentscheide über das Internet für denkbar. Eine Chance für die Demokratie biete das Internet aber auch durch mehr Transparenz der öffentlichen Verwaltungen, so die Bilanz der Minister. In "virtuellen Rathäusern" sollen Dienstleistungen online angeboten werden.

Welche Schwierigkeiten auch auf diesem Gebiet noch zu überwinden sind, zeigen jedoch die Probleme mit der elektronischen Steuererklärung "Elster", die erhebliche Mängel bei der Datensicherheit aufwies. Von den Internet-Möglichkeiten können außerdem zurzeit viele Deutsche noch gar keinen Gebrauch machen. Zu den Internet-Nutzern in der Bundesrepublik gehören laut Schätzungen bislang nur rund 40 Prozent der erwachsenen Bevölkerung.

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