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Politik: Den Norden im Blick

Struck will ein erweitertes Afghanistan-Mandat – und mehr Truppen aus Kabul in die unsichereren Provinzen verlegen

Berlin - Mehr als drei Jahre und drei Monate ist die Bundeswehr am Hindukusch aktiv – und ein Ende des Einsatzes deutscher Soldaten ist nicht in Sicht. Im Gegenteil. Wenn es nach Verteidigungsminister Peter Struck geht, gibt es für die Bundeswehr ab Oktober weitere Aufgaben. Der SPD-Minister möchte, dass der Bundestag bei der Verlängerung der Mission im Herbst um ein Jahr das Mandat erweitert.

„Deutschland wäre bereit, den gesamten Norden zu übernehmen“, sagte Struck der Nachrichtenagentur AP am Dienstag bei einem Besuch der deutschen Soldaten in Kabul. Zugleich solle die Obergrenze von derzeit 2250 auf 2500 Soldaten angehoben werden. Für die Truppe dürfte dies bedeuten, dass mehr Soldaten aus der als relativ sicher geltenden Hauptstadt in den unsicheren Norden verlegt werden, der zudem ein Schwerpunkt der Drogenproduktion ist.

Afghanische Planungen sehen vor, das Land nach den Parlaments- und Kommunalwahlen im September in vier Militärbezirke unter verschiedenen Nationen der Nato-geführten Internationalen Schutztruppe für Afghanistan (Isaf) aufzuteilen. Demnach könnten die USA den Osten, Spanier und Italiener den Westen und die Briten den Süden des Landes koordinieren. Deutschland ist schon mit zwei regionalen Aufbauteams (PRT) in Kundus und Faisabad im Nordteil vertreten. Ein stärkeres Engagement dort läge daher nahe. Für den Norden lässt das deutsche Isaf-Mandat bisher 450 Bundeswehrsoldaten zu. Das Hauptkontingent der Deutschen, die den größten Anteil der Isaf-Soldaten stellen, ist in Kabul stationiert. Struck sagte, es gehe nicht darum, zwingend mehr deutsche Soldaten nach Afghanistan zu entsenden, sondern „mehr Luft zu haben“ und leichter Kontingente von Kabul in den Norden zu verlagern. Deshalb sei es wichtig, dass das neue Mandat keine genaue Festlegung enthalte, wie viel Truppen wo stationiert sein sollten.

Der grüne Koalitionspartner signalisierte Zustimmung. „Da auch andere Nationen bereit sind, mehr Soldaten zu schicken, ist die Grenze von 2250 kein Tabu“, sagte der sicherheitspolitische Sprecher, Winfried Nachtwei dem Tagesspiegel. Bei der Verlegung von deutschen Soldaten in den Norden werde es sich um einige hundert handeln, wobei die Zahl 500 vermutlich zu hoch gegriffen sei. Ebenso wie Struck lehnte Nachtwei eine direkte Beteiligung der deutschen Soldaten an der Bekämpfung der Drogenproduktion ab. Dies bleibe alleinige Aufgabe der Afghanen. „Die Bundeswehr wird aber weiter wichtige Unterstützung bieten, zum Beispiel durch Informationen und die Ausbildung von Grenzpolizisten, die die Transportwege der Drogenkuriere kontrollieren sollen“, sagte Nachtwei. Das jetzige Mandat lässt keine aktive Rolle der Deutschen zu.

Die Union lehnte die Vorschläge nicht generell ab, forderte von Struck aber, alle Fakten offen zu legen. Grundsätzlich muss die Frage des Auftrags und der Zusammenhang mit der Drogenbekämpfung geklärt sein“, sagte Christian Schmidt (CSU) dem Tagesspiegel. Er betonte aber, dass es für ein verändertes Anforderungsprofil „einer soliden Zahl Soldaten bedarf, Kabul als Verschiebebahnhof reicht nicht aus“. Zudem plädierte Schmidt für ein größeres Engagement Deutschlands bei der Drogenbekämpfung. „Dort ist grundsätzlich mehr Verzahnung zwischen allen Beteiligten nötig.“ Schmidt regte an, über eine Annäherung oder gar Verschmelzung der Mandate Isaf und Enduring Freedom – dem US-geführten Antiterroreinsatz – nachzudenken. Dies lehnte Nachtwei kategorisch ab. „Das würde die Akzeptanz der Isaf-Mission bei der Bevölkerung infrage stellen und damit deren Erfolg.“

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