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Politik: Denk mal (Glosse)

Sie haben keinen guten Ruf, die Lobbyisten. Sie wissen schon, jene Herren und Damen, die Parlamentariern ihre Interessen nahe bringen wollen.

Sie haben keinen guten Ruf, die Lobbyisten. Sie wissen schon, jene Herren und Damen, die Parlamentariern ihre Interessen nahe bringen wollen. Dem früheren Bundeskanzler Ludwig Erhard entfuhr bei ihrem Anblick nur das Wort "Geschmeiß" und selbst zurückhaltende Politikwissenschaftler benutzen Ausdrücke, wie "lichtscheuer Gnom". Dennoch: Manchmal produziert ihr Wirken parlamentarische Sternstunden.

Nehmen wir etwa den Donnerstag. Eigentlich wollte da der Bundestag über die Gesundheitsreform debattieren und sie dann verabschieden. Plötzlich kritisierte die Opposition Ungereimtheiten in der Vorlage und wollte das Gesetz vertagen. Aber war das ein Erfolg von Liberalen und Unionsabgeordneten, hatten sie die vielen Seiten des Gesetzes durchwühlt? Natürlich war es ganz anders. An jenem Donnerstag saß ein findiger Mitarbeiter der Betriebskrankenkassen im Bundestag. Er hatte sich das Paragraphenwerk von einem der Tische geholt und durchgesehen. Plötzlich wunderte er sich über eine Vorschrift, die seinen Arbeitgeber betraf. Einen Tag vorher hatte der Gesundheitsausschuss genau jene Vorschrift aus dem Gesetz verbannen wollen, nur jetzt stand sie doch drin. Der Mitarbeiter informierte Unionspolitiker, Liberale und Koalitionspolitiker, dann nahmen die Dinge ihren Lauf.

Nur stellen wir uns vor, das Gesetz wäre fehlerhaft geblieben. Hätten die Abgeordneten dann etwas verabschiedet, was sie gar nicht wollten? Und die vielen anderen Gesetze, wurden die wirklich alle so beschlossen? Fragen über Fragen. Man sollte vielleicht über ein Denkmal nachdenken - für den unbekannten Lobbyisten.

Andreas Hoffmann

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