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Politik: Der Alte kehrt zurück - in die dritte Reihe

Sitzordnungen sind immer heikel. Im Bundestag sogar besonders.

Von Robert Birnbaum

Sitzordnungen sind immer heikel. Im Bundestag sogar besonders. Und wenn es dann auch noch um die Frage geht: "Wo sitzt eigentlich Helmut Kohl?" - oh, dann wird es ganz besonders heikel! Die dreieinhalb Monate währende Abwesenheit des Abgeordneten Kohl nämlich neigt sich dem Ende zu. Denn - sein Sprecher hat die wabernden Gerüchte gerade ganz amtlich bestätigt - diese Woche kommt er wieder. Das genaue Datum ist nicht amtlich, doch so gut wie: Am Freitag, in der Feierstunde des Bundestages zum zehnten Jahrestag der ersten freien Volkskammerwahl in der DDR, wird der Altkanzler erwartet.

In der CDU/CSU-Fraktion treffe das "durchaus auf Verständnis bis hin zu Wohlwollen", versicherte am Montag der CSU-Landesgruppenchef Michael Glos. Zwar hat es kürzlich im Fraktionsvorstand auch bedenkliche Stimmen gegeben, aber, sagt Glos, die Sorge habe der Frage gegolten, ob nicht der absehbare Medienandrang rund um Kohl die Feierstunde ungebührlich in den Hintergrund treten lassen werde. In der Unionsführung herrscht andererseits gewisse Erleichterung über Kohls geschickte Zeitpunkt-Wahl: Der feierliche Anlass, hofft man, werde verhindern, dass der Spendensünder Kohl mit anzüglichen Bemerkungen begrüßt werde. Die Chefs von Roten und Grünen haben denn auch schon signalisiert, man werde die Würde des Anlasses trotz allem wahren.

Doch wo soll er sitzen? Wo er bisher saß, neben seinem Ex-Finanzminister Theo Waigel, klafft jetzt ein Loch: Beide Stühle in der zweiten Reihe sind verschwunden. Dort nimmt künftig der Ex-Fraktionschef Wolfgang Schäuble Platz. Dafür war ein größerer Umbau nötig, weil der Rollstuhlfahrer überhaupt nur am Rand einer der vorderen Reihen platziert werden kann. Der Platz hinter Nachfolger Friedrich Merz fällt aus, wegen falscher Symbolik. Blieb nur Kohls Sitz am anderen Ende der zweiten Reihe.

Kohl muss also umziehen. Und sofern er sich nicht mit einer Hinterbank begnügen will - was er ganz und gar nicht will -, muss er sich mit der Fraktionsführung absprechen. Zumindest für die Feierstunde ist der Fall inzwischen geklärt. Glos, seit Beginn der Spendenkrise so etwas wie der Kontaktmann zum Altkanzler, hat es durchblicken lassen: Kohl sitzt am Freitag in der dritten Reihe. Und viel weiter hinten wird er auch in Zukunft nicht landen. Der Altkanzler werde "in vorderster Front" des Bundestages zu sehen sein, sagt der CSU-Mann.

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