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Streitlustig. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Jens Spahn.

© dpa

Der CDU-Politiker Jens Spahn: Vom Rotzlöffel zum Hoffnungsträger

Wuchtig wie kein anderer in der Union wirft sich der Westfale Jens Spahn ins politische Geschäft. Seine Partei kann das brauchen.

Die CDU-Delegierten wussten schon, was sie taten, als sie im Dezember ihrem amtierenden Gesundheitsminister die kalte Schulter zeigten und lieber einen gerade mal 34-Jährigen ins Parteipräsidium wählten – trotz dessen frecher Kampfkandidatur gegen die Altvorderen. Jens Spahn, bisher vornehmlich als Sozialexperte wahrgenommen, erhielt dadurch Prokura für ein breiteres Themenspektrum. Und die müde gewordene Union wieder einen, der sie aufmöbelt. Der attackiert, polarisiert, sich unbekümmert am Spagat zwischen konservativ und modern versucht – und sich mit all dem auch als ausgesprochen medientauglich erweist.

"Nicht zur Partei ohne Unterleib werden"

Beispiele gefällig? „Wir müssen aufpassen, dass wir nicht zu einer Partei ohne Unterleib werden“, hat Spahn seinem Kanzlerinnen-Wahlverein nach dem schlappen Wahlergebnis in Bremen mitgegeben. Gemeint hat er damit angeblich bloß die fehlende CDU-Verankerung in Ländern und Kommunen. Verstanden worden ist er anders – als einer, der seinen Parteifreunden mehr „Eier“, mehr Härte und Biss, abverlangt. Auch recht. Spahn hat das Interview gleich auf Facebook gestellt. Mitsamt der Kritik daran.

Große Koalition? Kein Grund, der SPD mit Milde zu begegnen. In der Wirtschaftspolitik – bei den Sozis immerhin Chefsache – sei die Union "zu defensiv“, verkündet Spahn. Und im Streit um die NSA-Spähereien wirft er SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi „Gekläffe“ und „antiamerikanische Töne“ vor. Auch das Feld der Außenpolitik scheint bei der CDU brachzuliegen, zumindest polemisch. Spahn besetzt es.

Schon viermal direkt gewählt

Körperlich ein Hüne, wirft sich der Westfale mit der markanten Brille voller Wucht ins politische Gefecht. Die Union kann das brauchen. Schließlich ist der gelernte Bankkaufmann, trotz seiner Jugend kein Anfänger. Seit 13 Jahren sitzt er im Bundestag, viermal wurde er direkt gewählt. Dass er sich als schwul geoutet hat, hat ihm nicht geschadet. Dass ihn die Unions-Senioren wegen seiner Kritik an Rentenerhöhungen aus dem Verkehr ziehen wollten, ebenso wenig. Im Gegenteil: Es gab dem „Rotzlöffel“ Profil. Wenn in der Union einer für Generationengerechtigkeit, Homosexuelle und Einwanderungsgesetz trommeln darf, ohne von den Konservativen plattgemacht zu werden, dann ist es Jens Spahn.

Spahns Streitlust könne einem „manchmal ganz schön auf die Nerven gehen“, hat Wolfgang Schäuble einmal gestöhnt. Aber genau dies gefalle ihm auch. Es gibt einige Parteistrategen, die das ähnlich sehen.

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