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Politik: Der Dalai Lama in Taiwan: Chinas Erzfeinde unter sich

Unter heftigen Protesten aus Peking ist der Dalai Lama nach Taiwan gereist. Obwohl es sich offiziell um einen religiösen Besuch handelt, wurde der Nobelpreisträger von der taiwanesischen Regierung als Staatsgast begrüßt.

Unter heftigen Protesten aus Peking ist der Dalai Lama nach Taiwan gereist. Obwohl es sich offiziell um einen religiösen Besuch handelt, wurde der Nobelpreisträger von der taiwanesischen Regierung als Staatsgast begrüßt. "Ich bin immer für Demokratie und Offenheit", sagte der Dalai Lama bei seiner Ankunft in Taipeh. Am Donnerstag soll er Taiwans Präsidenten Chen Shui-bian treffen.

Das offizielle Gespräch zwischen Dalai Lama und Taiwans Chen Shui-bian wird aus Chinas Sicht eine Art Gipfeltreffen seiner Erzfeinde. Der eine ist das religiöse und weltliche Oberhaupt der Tibeter - und erinnert Chinas KP-Mächtige regelmäßig an die Unterdrückung der Menschen in Tibet. Der andere ist der demokratisch gewählte Präsident eines Inselstaates, den Peking als eine abtrünnige Provinz ansieht und notfalls mit Kriegsgewalt zurückerobern will.

Dementsprechend giftig protestierten China Staatsmedien gegen den Besuch. Einen "Separatisten" und politischen Unruhestifter nannte die Pekinger "Volkszeitung" den Dalai Lama, und die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua beschuldigte den Nobelpreisträger von 1989, die Reise für "politische Zwecke" zu missbrauchen.

Die zehntägige Reise ist der zweite Taiwan-Besuch des Dalai Lamas nach 1997. Er wird von 17 Mönchen und Beratern begleitet und in Taiwan an mehreren buddhistischen Zeremonien teilnehmen. Obwohl die Reise offiziell ein "rein religiöser Besuch" ist, nahm der Dalai Lama in Taipeh kein Blatt vor den Mund: Ein "autoritäres System" wie die KP in Peking könne die Probleme der 1,3 Milliarden Chinesen nicht lösen. Zugleich lobte er Taiwans Wandel von einem Ein-Parteien-Regime zu einer Demokratie.

Der Besuch des Dalai Lama kommt für Taiwan in einer politisch brisanten Zeit. China hat in den vergangenen Monaten seine Raketenstützpunkte entlang der Küste ausgebaut. Die USA erwägen, Taiwan mit neuen Waffenlieferungen - darunter dem hochmodernen Aegis-Radarsystem - auszurüsten. Gegenüber US-Präsident Bush hatte Chinas Vizepremier Qian Qichen diese Pläne massiv kritisiert und indirekt mit einem militärischen Angriff gegen Taiwan gedroht.

Taiwans Regierung behandelt den Dalai Lama diplomatisch mit Fingerspitzen. Einerseits will Taipeh weitere Spannungen mit Peking verhindern und empfängt den Dalai Lama offiziell nur als religiösen Führer. Andererseits hat Taipeh, selbst unter dem Druck Chinas, Sympathie für den Freiheitskampf der Tibeter und will die Beziehungen zum Dalai Lama ausbauen. Deutliche wurde dies im diplomatischen Detail: Anders als 1997 wurde der Dalai Lama diesmal am Flughafen als ein "ausländischer Staatsgast" empfangen. Eine Formalie, die in Peking für weiteren Ärger sorgen wird.

Harald Maass

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