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Politik: Der Deal vom Presseball

Die Affäre um Sachsens Landesbank bringt Ministerpräsident Milbradt zunehmend in Schwierigkeiten

Von Matthias Schlegel

Dresden - „Das ist der Charakter von Politik hier: Die Leute glauben, sie machen nie einen Fehler. So kann man aber nicht mit der Wahrheit umgehen.“ Der das sagt, ist kein oppositioneller Hinterbänkler im sächsischen Landtag, sondern ein Mitglied der mitregierenden SPD-Fraktion. Ein notorischer Nörgler zwar, aber – wohl deshalb – zugleich ein ebenso gefürchteter wie geachteter Abgeordneter. Karl Nolle läuft nach der Anhörung von Finanzminister Horst Metz (CDU) vor dem Landtags-Untersuchungsausschuss am Donnerstag die Galle über. Weil die Aussage der Ministers über die umstrittenen Vorgänge um die SachsenLB in der Sache nichts bewegt habe, stehe Metz „als Memme da“, wettert Nolle.

Es geht um ein krisengeschütteltes Unternehmen, die einzige ostdeutsche Landesbank. Und es geht um angeblich dubiose Versuche des Finanzministers, die angeschlagene Institution und seinen eigenen Ruf zu retten. Und es geht mittlerweile auch um das politische Schicksal von Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU), dem der 60-jährige Metz eng verbunden ist.

Wie ein Gewitter, das sich schon von weitem mit Wetterleuchten ankündigt, war die Krise der LandesLB vor Monaten über die Landesregierung gekommen. Schlagzeilen in der regionalen Presse über Missmanagement, protzige Dienstwagen und Vetternwirtschaft erregten die Gemüter. Doch als Finanzminister Metz Handlungsbedarf anmeldete, pfiff ihn Milbradt zurück. Als das Gewitter schon heftig tobte, nahm der Regierungschef noch immer die Bankmanager in Schutz.

Unter dem Druck der öffentlichen Meinung räumten im Februar zwei Bankvorstände ihre Posten – um sich mit honorigen Konditionen in die zweite Reihe zu begeben. Was blieb, war das Problem: die angeschlagene SachsenLB und massive finanzielle Forderungen des früheren Vorstandschefs der Mitteldeutschen Leasing (MDL), einer Tochtergesellschaft der SachsenLB. Jener Ludwig Hausbacher machte – inzwischen als geschäftsführender Gesellschafter der Industrie- und Immobilien-Leasing (IIL), die die MDL mitbegründet hatte – 140 Millionen Euro Schadenersatz für erlittene Wertverluste der SachsenLB-Tochter geltend.

Der Landtag entschied, dass ein Untersuchungsausschuss die Misstände erhellen sollte. Der förderte durch Aussagen Hausbachers und seines Vertrauten Andreas Waldow zutage, dass angeblich Metz selbst – beim Landespresseball im April und zu nachmitternächtlicher Stunde – ein Vergleichsangebot gemacht habe: Mit 35 Millionen Euro habe Metz die Sache bereinigen und die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses verhindern wollen. Metz, der wegen dieses vermeintlichen Alleingangs unter starken Druck des Landtags geriet, stritt zwar nicht ab, dass es ein Gespräch gegeben habe, wohl aber, dass er den Vergleich vorgeschlagen habe. Und in einem weiteren Detail waren bei der letzten Anhörung die Angaben gegensätzlich: Metz habe ihn in jener Nacht angesprochen, sagte Waldow. Nein, er sei um das Gespräch gebeten worden, sagt Metz.

Die Erschütterung reicht tief in die Landesregierung. Der Vorwurf, Milbradt und Metz hätten als Krisenmanager versagt, geht längst nicht mehr nur von der Opposition aus. Mitte Mai hatte sich selbst Alt-Ministerpräsident Kurt Biedenkopf eingemischt. In einem Brief hatte er seinem Nachfolger Milbradt vorgeworfen, er trage die Verantwortung dafür, dass die SachsenLB „notleidend geworden“ sei. Eigentlich ging es Biedenkopf freilich um seinen Schwiegersohn Waldow, dessen Ruf „König Kurt“ durch die Landesregierung diskreditiert sah. Das machte es Milbradt relativ leicht, die Attacke als Familienangelegenheit abzutun.

Doch Milbradts Position ist schwach. Er steht einer fragilen großen Koalition vor, die nach wie vor politisch-inhaltlich nur wenige Schnittmengen hat. In der Partei hält man ihm immer noch vor, dass er bei der Landtagswahl im September 2004 die absolute CDU-Mehrheit verspielt habe. Ein erhoffter Imageaufschwung will sich nicht einstellen. Vermutlich empfände Milbradt eine Berufung nach Berlin, in ein Kabinett Merkel, als Rettung.

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