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Politik: Der Erzfeind kommt zum Essen

Griechenlands neuer Premier sucht die Nähe seines türkischen Kollegen

Es ist noch keine zehn Jahre her, da ließ der Streit um eine unbewohnte Felseninsel in der Ägäis die Türkei und Griechenland fast in einen Krieg hineinschlittern. Jetzt aber lud der griechische Ministerpräsident Costas Karamanlis seinen türkischen Amtskollegen Recep Tayyip Erdogan zum Abendessen in seine Villa bei Athen ein. Erdogan, der am Donnerstagabend in Athen eintraf, stattet als erster türkischer Ministerpräsident seit 16 Jahren dem Nachbarn und Erzrivalen einen offiziellen Besuch ab.

Bei dem dreitägigen Aufenthalt geht es unter anderem um die Zukunft Zyperns nach dem Scheitern des UN-Friedensplans für die Insel. Griechenland als Schutzmacht der griechischen Zyprer setzt sich für einen neuen Anlauf für die Wiedervereinigung ein, während die türkische Seite skeptisch ist. Beim Thema Europa wird Erdogan seinen Gastgeber um eine deutliche Unterstützung für die türkische EU-Bewerbung bitten.

Trotz aller Bemühungen um Aussöhnung ist das türkisch-griechische Verhältnis von Normalität weit entfernt. Erst vor wenigen Tagen gerieten Kampfjets beider Länder über der Ägäis wieder einmal gefährlich nahe aneinander. Nach wie vor gibt es keine Einigung über den Verlauf der Hoheitsgebiete in dieser Region. Auch Erdogans Pläne, die türkische Minderheit im Nordosten Griechenlands zu besuchen, sind alles andere als Routine. Seit 1952 durfte kein türkischer Spitzenpolitiker mehr dorthin reisen, weil Athen befürchtete, die rund 100 000 türkischen Griechen könnten aufgestachelt werden. Karamanlis macht für Erdogan zwar eine Ausnahme, er dürfte ihn aber auffordern, sich mit seinen Äußerungen in West-Thrakien zurückzuhalten.

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