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Unentbehrlicher Partner – so schwört Donald Trump Saudi-Arabien die Treue. Damit nimmt er vor allem Thronfolger Mohammed bin Salman aus der Schusslinie.

© Mandel Ngan/AFP

Der Fall Khashoggi: Trumps Pakt mit dem saudischen Prinzen

Öl, Geschäfte, Nahost: Warum Amerikas Präsident sich demonstrativ zum saudischen Thronfolger Mohammed bin Salman bekennt.

Donald Trump hat die Fähigkeit, sogar altgediente Haudegen wie Senator Bob Corker zu überraschen. „Ich hätte nie gedacht, dass das Weiße Haus nebenher als Werbefirma für den Kronprinzen von Saudi-Arabien auftreten würde“, schrieb der 66-jährige Republikaner auf Twitter.

Corker reagierte damit auf eine schriftliche Erklärung des US-Präsidenten, in der er sich demonstrativ hinter den umstrittenen Thronfolger in Riad stellte. Trotz des von der CIA geteilten Verdachts, dass Prinz Mohammed bin Salman den Mord an dem saudischen Dissidenten und Journalisten Jamal Khashoggi anordnete, steht Trump fest zum Königshaus in Riad. Das hat persönliche und politische Gründe, die langfristige Auswirkungen in Nahost haben könnten.

Der Ölpreis

Ein wichtiges Motiv für Trump, den Verdacht gegen den starken Mann in Riad zu ignorieren, ist seine Sorge, dass Saudi-Arabien den Preis für Rohöl in die Höhe treiben könnte. Als in den ersten Wochen nach Jamal Khashoggis Ermordung im saudischen Konsulat in Istanbul am 2. Oktober die internationale Kritik an bin Salman wuchs, drohte eine saudische Regierungszeitung mit einer Erhöhung des Ölpreises auf bis zu 400 Dollar pro Barrel – derzeit liegt der Preis bei unter 63 Dollar.

Amerikas Präsident will steigende Preise unbedingt verhindern, weil er negative Auswirkungen auf die US-Bürger und damit auf seine Wahlchancen befürchtet. Außerdem würde ein Preisanstieg kräftige Mehreinnahmen für den Erzfeind und Öl-Exporteur Iran bedeuten.

Den will Trump aber mit Wirtschaftssanktionen in die Knie zwingen. Nur einen Tag nach seiner wortreichen Solidaritätsbekundung für den 33-jährigen Thronfolger dankte Trump denn auch den Saudis für den inzwischen stark gefallenen Ölpreis. Experten zufolge gründet der Preisverfall jedoch auf Sorgen um die globale Konjunktur und den von Trump angezettelten Handelskrieg zwischen den USA und China.

Die Geschäftsinteressen

Als Verfechter einer stark an Wirtschaftsinteressen ausgerichteten Außenpolitik weist Trump auch auf milliardenschwere Investitionen der Saudis in den USA hin, um den Kuschelkurs mit Riad zu begründen. In seiner Erklärung betonte er, Saudi-Arabien wolle 450 Milliarden Dollar in den USA anlegen, davon 110 Milliarden im Rüstungsbereich.

„Hunderttausende Arbeitsplätze“ würden damit geschaffen. Wenn sich die USA die Aufträge nicht sicherten, kämen Russland oder China zum Zug. Mit den imposanten Zahlen hat Trump selbst nach Angaben seiner eigenen Regierung sehr übertrieben. Bisher sind lediglich Waffenverkäufe in Höhe von 14,5 Milliarden Dollar unter Dach und Fach, wie das US-Außenministerium vor wenigen Wochen mitteilte.

Zudem verschweigt Trump, dass die USA nicht von Riads Rüstungsaufträgen abhängen. Vielmehr sind die saudischen Streitkräfte seit langer Zeit auf US-Waffen ausgerichtet; eine Umstellung auf russische oder chinesische Anbieter wäre mühsam.

Einige Trump-Kritiker argwöhnen deshalb, dass der Präsident und ehemalige Immobilienunternehmer wesentlich privatere Gründe für seine Nachsicht mit dem Kronprinzen haben könnte. Im Wahlkampf vor zwei Jahren brüstete sich Trump damit, dass er Kunden aus dem Golfstaat Luxuswohnungen im Wert von bis zu 50 Millionen Dollar verkauft habe. „Soll ich sie etwa nicht mögen? Ich mag sie sehr“, sagte er damals. Inzwischen betont Trump, er habe keine geschäftlichen Interessen in Saudi-Arabien.

Die familiären Kontakte

Auch enge Verbindungen zur saudischen Königsfamilie könnten bei Trumps schonendem Umgang mit bin Salman eine Rolle spielen. Der Kronprinz ist ein enger Freund von Trumps Schwiegersohn und Nahost-Beauftragtem Jared Kushner. Die beiden kommunizieren nach Medienberichten regelmäßig über WhatsApp.

Wer von beiden mehr Einfluss auf den anderen hat, ist letztlich nicht zu sagen. Aber es gibt Hinweise. So soll sich der als aufbrausend geltende Thronfolger bei Kushner über die Kritik beschwert haben, die ihm wegen des Mordes an Khashoggi entgegenschlug. Bin Salman hat Berichten zufolge gar damit geprahlt, er habe Trumps Schwiegersohn „in der Tasche“.

Der gemeinsame Feind

Als Amerikas Präsident dem saudischen Herrscher mehr oder weniger die Treue schwur, war eingangs ausschließlich von einem die Rede, der mit dem Fall Khashoggi nichts zu tun hat. Dennoch nutzte Trump die Gelegenheit, um wieder einmal gegen seinen Lieblingsfeind Iran Front zu machen.

Die Mullahs seien eine Gefahr für den Weltfrieden. Zum Beispiel zwängen sie die Saudis zu einem Stellvertreterkrieg im Jemen. Das ist bestenfalls die halbe Wahrheit. Zwar unterstützt Teheran die aufständischen Huthi-Milizen. Doch es waren Riads Herrscher, die in den Konflikt im März 2015 massiv militärisch eingegriffen, um der verbündeten sunnitischen Regierung beizustehen.

Erinnerung an einen Ermordeten. In Istanbul gab es vor Kurzem eine Gedenkveranstaltung für Jamal Khashoggi.
Erinnerung an einen Ermordeten. In Istanbul gab es vor Kurzem eine Gedenkveranstaltung für Jamal Khashoggi.

© Huseyin Aldemir/Reuters

Entscheidend ist für Trump allerdings, dass Irans regionaler Einfluss mit allen Mitteln begrenzt wird. Da kommen die Saudis sowohl politisch als auch ideologisch zupass. Wie der US-Präsident ist die Führung der erzkonservativen Monarchie davon überzeugt, dass alles Böse vom Konkurrenten aus Teheran kommt. Prinz bin Salman macht da keine Ausnahme. Im Gegenteil. Er zählt zu den Verfechtern eines harten Kurses gegenüber dem Iran.

Noch etwas macht Saudi-Arabien nach Trumps Überzeugung zu einem unentbehrlichen Partner: sein Wunsch, einen historischen Deal zwischen Israelis und Palästinensern zu vermitteln. Riad scheint dabei die Aufgabe zu haben, in der arabischen Welt für Amerikas ominösen Friedensplan zu werben.

Was in erster Linie offenbar heißt, den Palästinensern klarzumachen, dass sie nicht allzu viel erwarten sollten. Schließlich geht es für Trump und den Prinzen vorrangig darum, den Iran zu treffen – was beide mit Israels Premier Benjamin Netanjahu verbindet.

Der unbehelligte Machthaber

Nach Einschätzung von Experten kommt Trumps Stellungnahme zugunsten der Golfmonarchie einem Freibrief für den Kronprinzen gleich. Das könnte Autokraten in Nahost und anderswo den Schluss ziehen lassen, dass sogar schwerste Menschenrechtsverstöße nicht zwingend US-Strafmaßnahmen nach sich ziehen müssen. Hauptsache, Amerikas Interessen werden gewahrt.

Saudi-Arabien scheint jedenfalls an seinen brutalen Herrschaftsmethoden festzuhalten. Human Rights Watch und Amnesty International werfen dem Regime jetzt vor, im Mai festgenommene Menschenrechtsaktivistinnen und ihre Mitstreiter im Gefängnis foltern und sexuell belästigen zu lassen.

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