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Politik: Der Fall Leuna: Oggersheimer Superlativ

So ausführlich hat sich Helmut Kohl lange nicht empört: "frei erfundene und jeder Grundlage entbehrende Behauptungen", "verleumderische Unterstellungen" - sogar der Oggersheimer Superlativ kommt zum Einsatz: "völlig absurd" sei das, was da wieder einmal in der Zeitung zu lesen stehe. Was den Altkanzler so aufregte, war ein Bericht der "Berliner Zeitung" über den "Fall Leuna".

Von Robert Birnbaum

So ausführlich hat sich Helmut Kohl lange nicht empört: "frei erfundene und jeder Grundlage entbehrende Behauptungen", "verleumderische Unterstellungen" - sogar der Oggersheimer Superlativ kommt zum Einsatz: "völlig absurd" sei das, was da wieder einmal in der Zeitung zu lesen stehe. Was den Altkanzler so aufregte, war ein Bericht der "Berliner Zeitung" über den "Fall Leuna".

Kohl, so heißt es dort, habe entgegen all seinen bisherigen Aussagen über den Verkauf der ostdeutschen Raffinerie und des Minol-Tankstellennetzes an den französischen Elf-Konzern nicht nur mit der Regierung in Paris geredet. Er habe sich vielmehr auch unter vier Augen mit dem damaligen Elf-Chef Loik Le Floch-Prigent getroffen und versprochen, dass für den von Elf geplanten Raffinerie-Neubau in Ostdeutschland reichlich Subventionen fließen würden. Quelle: Le Floch-Prigent in einer Aussage vor französischen Ermittlern.

Ganz neu ist das für Kenner der komplizierten Materie nicht. Der Franzose war schon im August 2000 verhört worden. Und der Spenden-Untersuchungsausschuss weiß seit geraumer Zeit, was er gesagt hat - auch wenn das Protokoll im Originaltext jetzt erst in Berlin eintraf. Größere Fortschritte bei der Aufklärung bringt das Dokument ohnehin nicht. Weder geht Le Floch darauf ein, für wen jene rund 80 Millionen Mark Schmiergeld bestimmt waren, die Elf im Zusammenhang mit dem Leuna-Geschäft hat fließen lassen. Noch nennt er auch nur das Datum, an dem er von Kohl die Zusage bekommen haben will, Elf werde all jene Subventionen erhalten, die den Kauf für den Konzern erst zum Geschäft machten.

Trotzdem wäre es interessant, wenn dieses Gespräch stattgefunden hätte. Der Altkanzler hat bislang seine Rolle in dem umstrittenen Geschäft als eine rein politische dargestellt. In die Verkaufsverhandlungen habe er sich nie gemischt. Auch deshalb sei der Verdacht absurd, die CDU könne von Elf auf dunklen Umwegen Schmiergelder erhalten haben. Bei dieser Linie bleibt Kohl weiter: "Nach seiner Erinnerung", lässt der Altkanzler erklären, habe ein Treffen mit Le Floch nicht stattgefunden; auch sein Französisch-Dolmetscher könne sich an eine Begegnung nicht erinnern. Und als Hinweis auf kriminelle Absprachen lasse sich ein solches Gespräch ohnehin in keinem Falle deuten.

Das ist im strengen Sinn richtig. Im nicht ganz so strengen Sinne wäre es aber mindestens sonderbar, wenn Kohl ein solches Treffen bislang verschwiegen hätte. "Wenn das stimmt, sind die Behauptungen von Kohl nicht zu halten", sagt denn auch der Grünen-Ausschussobmann Christian Ströbele. Und warum, fragen sich andere Ausschuss-Mitglieder, sollte der frühere Elf-Chef das Tete-a-Tete frei erfunden haben? Für Friedhelm Beucher, den Leuna-Spezialisten der SPD, steht schon fest: Kohl muss noch einmal vernommen werden.

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