zum Hauptinhalt

Politik: Der Finanzminister besänftigt ostdeutsche Empörung

Seine Äußerungen zum Solidarpakt seien keine Drohung, sondern eine "schlichte ökonomische Tatsache"Robert Birnbaum Im Kampf um sein umstrittenes Sparpaket kann Bundesfinanzminister Eichel (SPD) anscheinend auf einen breiten Rückhalt in den SPD-geführten neuen Bundesländern zählen. Die innerparteilichen Irritationen um Eichels Äußerungen zum Aufbau Ost waren am Dienstag offenbar beigelegt.

Von Robert Birnbaum

Seine Äußerungen zum Solidarpakt seien keine Drohung, sondern eine "schlichte ökonomische Tatsache"Robert Birnbaum

Im Kampf um sein umstrittenes Sparpaket kann Bundesfinanzminister Eichel (SPD) anscheinend auf einen breiten Rückhalt in den SPD-geführten neuen Bundesländern zählen. Die innerparteilichen Irritationen um Eichels Äußerungen zum Aufbau Ost waren am Dienstag offenbar beigelegt. Drei SPD-Ministerpräsidenten stellten sich klar hinter den Minister und dessen Sparplan. Zustimmung kam auch von den Haushaltsexperten der Bundestagsfraktion.

Die Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg, Reinhard Höppner, Harald Ringstorff und Manfred Stolpe unterstützten den Konsolidierungskurs Eichels. Das Sparpaket sei die Voraussetzung dafür, dass der Bund die ostdeutschen Länder nach dem Auslaufen des Solidarpakts im Jahr 2004 weiter helfen könnte, sagte Ringstorff. Ähnlich äußerten sich Höppner und Stolpe. Stolpe sagte, auch er habe ein brennendes Interesse an der Konsolidierung des Bundeshaushalts. Er kündigte für seine Regierung die grundsätzliche Zustimmung zum Sparpaket im Bundesrat an, sah allerdings zugleich noch "Präzisierungsbedarf". Einen Blankoscheck könne er aber nicht geben.

Eichel selbst sagte, er rechne nach Gesprächen mit mehreren Länderregierungschefs nicht mit Widerstand aus dem Osten. Über Einzelheiten werde man reden müssen. Gleichzeitig verwahrte er sich am Dienstag gegen den Vorwurf, er wolle den Ostländern eine Zustimmung zum Sparpaket mit Drohungen abpressen. Eichel betonte, er wolle, dass die im Solidarpakt vereinbarte Unterstützung für die neuen Länder auch nach dem Jahr 2004 ungekürzt weitergeführt werden könne. Gerade deswegen sei es aber unumgänglich, dass das Sparprogramm der Regierung umgesetzt und auch von den Ländern im Bundesrat gebilligt werde. Mit einem überschuldeten Staatshaushalt lasse sich nämlich die Osthilfe nicht fortsetzen.

Eichel hatte am Vortag mit einem Interview Wirbel ausgelöst, in dem er die Fortführung der Finanzhilfen für Ostdeutschland mit "Solidarität" der Länder für den Sparkurs des Bundes verknüpft hatte. Unterstützung erhielt der Finanzminister am Dienstag zudem von Bundeskanzler Schröder. Schröder sagte, der Sparkurs sei ohne Alternative.

Für das Sparpaket und das damit verknüpfte Renten-Moratorium warben auch die Haushaltsexperten der SPD-Fraktion nach einer Klausur in Wismar. Der Chef der Haushaltsgruppe, Hans Georg Wagner, forderte zudem einen Beitrag nicht nur der Rentner, sondern auch der Beamten und Pensionäre zum Sparen. Der von SPD-Linken geforderten Wiedereinführung der Vermögensteuer gab Wagner keine Chance, schloss aber eine höhere Erbschaftsteuer oder eine befristete Vermögensabgabe nicht aus. Baden-Württembergs Ministerpräsident Erwin Teufel (CDU) forderte Eichel in einem offenen Brief auf, die Eigenheimzulage nicht zu kürzen. Eichels Pläne brächten gut 100 000 Arbeitsplätze in Gefahr. Die Union warf Eichel erneut unfairen und unsolidarischen Umgang mit den Ostländern vor. Der Vizefraktionschefs Friedrich Merz (CDU) sagte, der Minister folge einer bewährten Methode der Sozialdemokraten: "Wer nicht für uns ist, ist gegen uns und wird unter Druck gesetzt." CDU-Parteivize Wulff sagte, Eichels Vorgehen diene der Einheit nicht. Die Aufbauhilfen seien kein Almosen. Wulff und Merz unterstützten grundsätzlich den Sparkurs der Regierung. Beide bekräftigten die Bereitschaft der Union, mit der Regierung ohne Tabus über eine langfristige Sicherung der Renten zu sprechen. Dabei müsse es um eine neue Rentenformel gehen, die dem geänderten Altersaufbau der Bevölkerung Rechnung trage. "Das Vertrauen in eine Formel wird wesentlich größer sein als in das Wohlwollen des Finanzministers", sagte Wulff. © 1999

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false