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Politik: Der Gegenschlag: Krieg führen und beschwichtigen

Bevor sich die britischen Konservativen in dieser Woche in Blackpool zum Parteitag versammelten, konnte Iain Duncan Smith das Feuer gerade noch austreten. Der neue Chef der Tories musste eine jener gefürchteten Äußerungen Margaret Thatchers zurechtrücken, mit der die ehemalige Premierministerin die Partei immer noch regelmäßig aufschreckt.

Bevor sich die britischen Konservativen in dieser Woche in Blackpool zum Parteitag versammelten, konnte Iain Duncan Smith das Feuer gerade noch austreten. Der neue Chef der Tories musste eine jener gefürchteten Äußerungen Margaret Thatchers zurechtrücken, mit der die ehemalige Premierministerin die Partei immer noch regelmäßig aufschreckt. Diesmal hatte die Eiserne Lady den Vertretern der Moslems in Großbritannien vorgeworfen, die Anschläge vom 11. September nicht scharf genug verurteilt zu haben. Duncan Smith ließ die Konservativen daraufhin wissen, dass künftig er und nicht die Ex-Regierungschefin den Ton in der Partei angibt. Großbritannien befinde sich nicht im Krieg mit dem Islam, beschwichtigte der Parteichef die Moslems im Lande, sondern bekämpfe den Terror.

Weil dies aber auch genau die Linie von Premierminister Tony Blair ist, musste der neue Tory-Chef der Diskussion zum "Krieg gegen den Terror" doch noch seine eigene Note hinzufügen. Duncan Smith, der am Mittwoch seine erste Rede als Parteivorsitzender vor dem Parteitag der Konservativen hielt, hatte zuvor auch den Irak als mögliches Kriegsziel ins Gespräch gebracht. Er habe Blair darauf hingewiesen, dass auch Bagdad den internationalen Terrorismus unterstütze, weihte Duncan Smith die Tory-Mitglieder über seine Diskussion mit dem Regierungschef ein.

Regierung und Opposition unterstützen in Großbritannien einhellig die Luftschläge gegen die Taliban. Von Angriffen auf Ziele im Irak war aber noch nicht die Rede - jedenfalls nicht in einem Brief, mit dem der britische Beauftragte bei den Vereinten Nationen die Angriffswellen seit Sonntagabend begründete. Sein amerikanischer Kollege, der Washingtoner UN-Botschafter John Negroponte, will dagegen nicht ausschließen, dass die Reaktion auf den 11. September auch andere Organisationen als die Al Qaida und andere Staaten als Afghanistan treffen könnte. Der "Guardian" warnte am Mittwoch vor einem Alleingang Washingtons: "Amerika darf eine derart einschneidende Entscheidung aus moralischen und rechtlichen Gründen nicht ohne Abstimmung mit der internationalen Gemeinschaft treffen," schrieb das linksliberale Blatt.

Aber auch in der gegenwärtigen Phase des Krieges ist die Angst vor einer Eskalation groß, zumal neue Anschläge Großbritannien oder britische Politiker zum Ziel haben könnten. Schon bei seiner Reise nach Moskau und Pakistan war Blair in der vergangenen Woche mit einem Spezialflugzeug in der Begleitung von Kampfflugzeugen unterwegs. In dieser Woche bekam die bekannte BBC-Reporterin Kate Adie einen Rüffel aus der Downing Street, weil sie während einer Frühstückssendung vor der Zeit über Blairs Besuch bei den britischen Soldaten in Oman geplaudert hatte.

Wie zum Beweis, dass die Angst vor neuen Anschlägen auch eine reale Grundlage hat, leitete Scotland Yard am Mittwoch wegen angeblicher Morddrohungen gegen Blair Ermittlungen gegen eine fundamentalistisch-islamische Organisation ein. Abdel-Rahman Saleem, ein Sprecher der auch in London ansässigen Moslem-Organisation Al-Muhajiroun, wird die Äußerung zugeschrieben: "Wenn ein Moslem ihn (Blair) töten oder ihn beseitigen würde, würde ich darüber keine Träne vergießen." Mit Saleem werden die Ermittler aber wohl kaum direkt über seine Tiraden sprechen können - der Mann ist in Pakistan.

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