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Politik: Der General der Bilder

Vincent Brooks präsentiert täglich Washingtons Lesart des Krieges

Gerader Rücken, tadellose Uniform, markante Tonlage. Kein Zweifel: Hier spricht ein Soldat. Vincent Brooks ist die amerikanische Stimme des Irak-Krieges. Täglich steht er vor Dutzenden Reportern aus aller Welt und lässt sich löchern. Warum dauert die Invasion so lange? Warum gibt es so viele Ziviltote? Warum jubeln nicht wenigstens die Schiiten im Süden? Brooks pariert, so gut er kann. Gekämpft wird 500 Kilometer weiter nördlich. Er selbst sitzt im zentralen Kommandozentrum im Emirat Katar. Sein Job ist es, die Schlacht der Bilder zu gewinnen.

Die eigenen Truppen schön- und die gegnerischen schlechtreden, ohne zu lügen oder wie ein Agitator zu wirken: Das ist ein schwieriger Balanceakt. Im ersten Golfkrieg fiel diese Aufgabe Norman Schwarzkopf zu. Doch damals ließ sich der Informationsfluss steuern. Heute dagegen, mit mehr als 500 „eingebetteten“ Reportern vor Ort, ist das praktisch unmöglich.

Brigadegeneral Brooks muss dennoch die offizielle Lesart des Krieges verkünden. Und in dieser Lesart reiht sich ein Erfolg an den anderen: Die Ölfeuer im Süden sind gelöscht, die Republikanischen Garden werden weiter dezimiert und humanitäre Güter verteilt. Alles läuft nach Plan. Untermauert werden die Briefings mit hochmoderner Videotechnik. Das Auditorium mit fünf großen Leinwänden hat 200 000 Dollar gekostet. Punktgenau treffende Präzisionsbomben sind zu sehen und irakische Kinder, die sich über die US-Soldaten freuen. „Das ist die Wahrheit“, sagt Brooks, „diese Menschen erfahren zum ersten Mal in ihrem Leben, was Freiheit bedeutet.“

Der 43-jährige Karriere-Soldat versteht sein Handwerk. Er war immer der Jüngste, der Beste, der Erste. Bereits mit zwanzig Jahren beendete er seine Ausbildung an der US-Militärakademie in West Point. Alle drei Bereiche – körperliche Entwicklung, Allgemeinwissen und Militärkenntnisse – schloss er mit Auszeichnung ab. Bis in die Nacht hinein hatte er gepaukt. Einmal soll er vor Müdigkeit mit dem Kopf in eine Pizza gefallen sein. In West Point wurde er der erste schwarze Brigadekommandeur. Er war auch der Erste aus seiner Klasse, der für eine Generalslaufbahn nominiert wurde und gleichzeitig der Jüngste auf der Liste. „Unsere Familie hat sich immer als Vorbild für andere junge Menschen verstanden, und zwar nicht bloß für schwarze Amerikaner“, sagt Brooks. Sein Vater und Bruder sind auch Brigadegeneräle.

Nach der Ausbildung ging es steil bergauf. In Fort Stewart übernahm Brooks das Kommando über eine Brigade der 3. Infanteriedivision. Im Kosovo befehligte er 3000 US-Soldaten der „101st Airborne Division“. Im Juni 2002 wurde er für den Generalsrang nominiert, ein Jahr später bestätigte ihn der Senat. Eine soldatische Bilderbuch-Laufbahn.

Einen Stern trägt Brooks auf seiner Schulter. Ihm übergeordnet ist daher Drei-Sterne-General William Wallace, der Befehlshaber der US-Soldaten im Irak. Dieser Wallace nun hatte am vergangenen Donnerstag angedeutet, dass bei weitem nicht alles nach Plan laufe. Die Invasionstruppen seien von der Gegenwehr der Irakis überrascht worden. An Brooks war es daraufhin, dieser Ansicht widersprechen zu müssen, ohne respektlos zu sein. „Unser Plan funktioniert“, sagte er. „Aber natürlich gibt es in jedem Krieg Ereignisse, die nicht ganz genau so vorhergesagt worden waren.“ Näher erläutern wollte er diese Einschränkung nicht.

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