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Christian Lindner am 24. November 2021 bei der Vorstellung des Koalitionsvertrags der Ampelkoalition.

© imago images/Bildgehege

Der Herr des Geldes: Christian Lindner steht vor seiner schwersten Aufgabe

Der FDP-Chef wird als Finanzminister auf Erfolg und Misserfolg der Ampel entscheidenden Einfluss haben. Scheitern inbegriffen. Eine Analyse.

Es gibt in diesem Dokument der Veränderung, dem Koalitionsvertrag, der ja so recht kein Vertrag ist, derart vieles, das Geld kostet, dass der Kassenwart höllisch wird aufpassen müssen. Nicht dass er nachher als der dasteht, dem Soll und Haben durcheinander geraten sind. Auf Christian Lindner als Finanzminister kommen schwere Zeiten zu. Und damit auf die FDP nicht minder.

Denn wenn ihr Chef nicht die (in der Verfassung verankerte) Schuldenbremse von 2023 an wieder einhält und doch ausgiebig investiert, wird die FDP wie beim Lindner-Paten Guido Westerwelle am Ende mit leeren Taschen dastehen. Er muss also „liefern“, um ein Wort eines anderen, fast vergessenen Vorsitzenden und Vizekanzlers Philipp Röslers aufzugreifen.

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Und zwar zwingend. Von 14 Prozent in Umfragen wie jetzt auf vier Prozent in Wahlen, das kann schnell gehen. Politik ist manchmal auch nur eine Rutschbahn.

Umgekehrt ist das Amt natürlich eine Riesenchance. Alles finanziert zu bekommen bedeutete, Olaf Scholz als den großen Ausgeber und Wolfgang Schäuble als den Herrn der schwarzen Null in einem vergessen zu machen. Die Verwürfelung des Balls (Angela Merkel) kann nämlich gelingen - weil die Vorzeichen gut stehen. Und Lindner Berater hat, die etwas von der Sache verstehen; Harald Christ zum Beispiel, der Schatzmeister der FDP. Den findet ja sogar Olaf Scholz gut, und das will etwas heißen.

Die Veränderung kann gelingen. Sie muss es auch

Die Anhebung des Mindestlohns auf zwölf Euro für zehn Millionen Menschen; die Garantie für Rentenstabilität; der Einstieg in eine kapitalgedeckte Finanzierung über einen Fonds mit Startkapital von zehn Milliarden Euro; das Wohnungsbauprogramm; der Umbau von Hartz IV in ein Bürgergeld, bei dem unter anderem das Schonvermögen erhöht wird; die Abschaffung der Erneuerbare-Energien-Umlage, um den hohen Strompreis zu senken; der Verzicht auf eine Erhöhung der CO2-Abgabe; der vorgezogene Kohleausstieg auf das Jahr 2030; der Umstieg auf bis dahin 80 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien… Die Liste ist ewig lang.

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Und dann muss auch noch in die Modernisierung der Infrastruktur investiert werden, in verbesserte Mobilität von Daten und Verkehr. Oder, über allem: in den Klimaschutz, um Deutschland zukunftsfest zu machen. Vom Großen ins Kleine und zurück. Mit Scholz als ehemaligem Finanzminister, der Lindner sicher über die Schulter schaut. Zumal das Finanzministerium ganz auf und von Sozialdemokraten ausgerichtet ist.

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Aber: Die Veränderung kann gelingen. Sie muss es auch. Modernisierung tut Not, dringend sogar.

Geld für die Projekte ist da

Außerdem hat Lindner eben auch in positivem Sinne dafür Scholz an seiner Seite, der als Bundeskanzler seine Zeit für das „größte industrielle Modernisierungsprogramm seit 100 Jahren in Deutschland“ ausgeben will. Daran werden entsprechend beide zugleich gemessen werden.

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Warum es gelingen kann? Experten erklären es, verknappt, so: Das Steueraufkommen wird insgesamt positiv zweistellig in Milliardenhöhe ausfallen. Die Reserven im Haushalt sind zweistellig. Gelder für Flut, Flüchtlinge, Corona, Subventionen sind nicht vollständig abgeflossen, die KfW hat in zweistelliger Höhe nicht an den Bund abgeführt - Milliarden, wohlgemerkt.

Summa summarum: Für die kommenden zwei Jahre sollen die Investitionen gedeckt sein. Und in die Rechnung für die kommende Zeit geht dann der wirtschaftliche Aufschwung mit ein. Der aber nicht allein von Christian Lindner und der FDP ausgeht, sondern auch von Wirtschaftsminister Robert Habeck. Der bekanntermaßen Grüner ist. Auf den kommen auch schwere Zeiten zu.

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