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Der islamfeindliche Film: Verwünschen - und verbieten?

Die Bundesregierung will verhindern, dass der Schmähfilm "Die Unschuld der Muslime" in Deutschland gezeigt wird. Aber geht das überhaupt?

Der Streit um den Mohammed-Schmähfilm „Die Unschuld der Muslime“ hat weltweit Reaktionen hervorgerufen. Die Bundesregierung erwägt Möglichkeiten, die von Rechtspopulisten angekündigte Aufführung der Produktion verbieten zu lassen. Dabei müssten vor allem alle ordnungsrechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft werden, sagte Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU). Forderungen nach einem Verbot wurden auch aus islamischen Ländern laut.

Wovon handelt der Film?

Der Religionsstifter wird in den bisher bekannten Szenen als Frauenheld, Kinderschänder und Mörder geschildert. Es gibt eine Folter- und eine Exekutionsszene. Einmal wird Mohammed als Sklave gezeigt, der sich mit einem Jungen um einen abgenagten Knochen streitet. In einigen Szenen erscheint Mohammed als naiv und vertrottelt, in anderen als blutrünstig und herrisch. Die Protagonisten wirken um authentische Darstellung bemüht, insgesamt aber überwiegt der Charakter eines Trash-Movies. Kennzeichnend ist die billige Ausstattung und das niedrige Produktionsniveau. Die Dialoge sind plump, manches, wie die aufgeklebten Bärte, wirkt komisch, ob freiwillig oder unfreiwillig.

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Warum soll die Aufführung verboten werden?

Für die Bundesregierung geht es offenbar weniger um den Film als vielmehr um Gefahren, die sich aus seiner Aufführung ergeben könnten. Der Verein „Pro Deutschland“ erwägt wohl, den Film an einem provisorischen Ort in Berlin zu zeigen, falls es in einem regulären Kino nicht möglich ist. Werden Ort und Zeitpunkt der Vorstellung bekannt, könnte es Demonstrationen oder Gewalttätigkeiten geben.

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Kann der Film verboten werden?

Das ist schwierig. „Eine Zensur findet nicht statt“ heißt es im Grundgesetz zur Meinungs- und Pressefreiheit. Im selben Artikel 5 wird auch die Kunstfreiheit gewährleistet – und zwar schrankenlos. Alle Versuche, eine Vorstellung zu unterbinden, müssten sich daran messen lassen. Der Kunstbegriff der Verfassung entzieht sich Kategorien der Ästhetik und des politischen Empfindens, es geht vor allem um den Schutzbereich. Hier ist die Justiz im Zweifel großzügig. Kunst ist vieles. Ebenso wie die umstrittenen Mohammed-Karikaturen wird auch der Film den Schutz der Kunstfreiheit beanspruchen dürfen.

Ist ein Verbot denkbar?

Wie wird die Einfuhr oder Aufführung von Filmen beschränkt?

Filme sind nicht sakrosankt, das zeigen schon die Vorschriften zum Jugendschutz. Beispielsweise ist zollrechtlich auch die Einfuhr von Werken verboten, „die nach ihrem Inhalt dazu geeignet sind, als Propagandamittel gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung zu wirken“. Als Grundlage für ein Verbreitungsverbot taugt diese Bestimmung aber nicht. Die öffentliche Kino-Vorführung könnte aber, wie eine Demonstration, als eine Versammlung angesehen werden, wenn auch eine in einem geschlossenen Raum. Diese dürfen aber laut Versammlungsgesetz nur untersagt werden, wenn „der Veranstalter oder sein Anhang einen gewalttätigen oder aufrührerischen Verlauf der Versammlung anstreben“. Die Rechtspopulisten mögen diese Absicht im Hinterkopf haben, bestreiten sie aber offiziell.

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Sind die Inhalte des Films strafbar?

Darüber wird man streiten können. Wer religiöse Bekenntnisse anderer beschimpft, kann laut Strafgesetzbuch mit bis zu drei Jahren Haft bestraft werden. Verurteilungen deswegen sind äußerst selten. Kritik soll schließlich erlaubt sein – auch harte, in drastischen Worten, ebenso wie Satire und Parodie. „Beschimpfen“ meint dagegen ein besonders verletzendes Verhalten, die zielgerichtete Verhöhnung.

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Besondere Zurückhaltung ist nach Ansicht der Gerichte bei diesem Kriterium geboten, wenn die Kunstfreiheit ins Spiel kommt. Außerdem muss die Religionsbeschimpfung geeignet sein, den öffentlichen Frieden zu stören. An diesem Merkmal lassen Richter manche Verurteilung scheitern. Vor einigen Jahren wurde aber ein Urteil bekannt, weil jemand „Koran“ auf Klopapier drucken ließ und dies an Fernsehsender und Moscheen verschickte. Dass Gerichte den Film als strafbare Volksverhetzung ansehen, ist unwahrscheinlich – hier sind die Anforderungen noch höher.

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Ist trotzdem ein Verbot denkbar?

Ja – wenn die Gerichte zu der Einschätzung gelangen, dass zumindest eine strafbare Religionsbeschimpfung vorliegt. Dann dürfen die Behörden einschreiten, auch präventiv, und eine Filmvorführung untersagen. Ob die Gefahr möglicher Ausschreitungen schon für ein Verbot reicht, ist dagegen zweifelhaft. Sonst könnte jeder, der öffentliche Versammlungen oder Aufführungen verhindern will, mit der Androhung von Gewalt Druck auf Behörden machen.

Ist die Diskussion mit dem Streit um die Mohammed-Karikaturen vergleichbar?

Juristisch liegen die Fälle ähnlich – und beide an der Grenze zur strafbaren Religionsbeschimpfung. Im Fall der Karikatur, die Mohammed mit Bombe im Turban zeigt, lehnten die Gerichte dies aber bislang ab und ließen Demonstrationen mit den Plakaten zu. Den Zeichner, den Dänen Kurt Westergaard, hatte Angela Merkel anlässlich einer Preisverleihung für sein Eintreten für die Meinungsfreiheit 2010 ausdrücklich gelobt: „Egal, ob wir seine Karikaturen geschmackvoll finden oder nicht, ob wir sie für nötig und hilfreich halten oder eben nicht. Darf er das? Ja, er darf“, sagte sie damals. Auch der heutige Bundespräsident Joachim Gauck pries Westergaard in seiner Laudatio damals für seine „Liebe zur Freiheit“.

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