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Politik: Der Kampf ums Wal-Recht

In Bonn will eine internationale Konferenz mehr Tierschutz durchsetzen. Japan und Norwegen wollen die Meeressäuger aber weiter jagen

Von Dagmar Dehmer

Die Vertragsstaatenkonferenzen zur Bonner Konvention haben bisher kaum Aufsehen erregt. Denn eines der ältesten internationalen Naturschutzabkommen – das „Übereinkommen zur Erhaltung der wandernden wildlebenden Tierarten“ – konnte sich bisher auf breite Zustimmung stützen. 80 Staaten sind der Konvention inzwischen beigetreten, weil sich wandernde Tierarten – Zugvögel, Antilopenherden oder Wale – nicht an nationale Grenzen halten können. Dass gerade ihr Schutz internationaler Zusammenarbeit bedarf, hat bereits 1979 zur Gründung der Bonner Konvention geführt.

Doch in diesem Jahr zeichnen sich Konflikte ab. Die Vertragsstaatenkonferenz der CMS (Convention on the Conservation of Migratory Species of Wild Animals), die am vergangenen Mittwoch in Bonn begonnen hat und am kommenden Dienstag enden soll, wird über einen verstärkten Schutz von sechs Walarten befinden. Delegierte haben schon nach den ersten Debatten der Anträge Australiens von einer „Politisierung“ der CMS gesprochen. Bisher jedoch funktionierte der Konsens. Mit regionalen Schutzabkommen ist die Lage gefährdeter Tierarten wie Störche, Ibisse, Kraniche oder auch Delfine und Robben stark verbessert worden.

Warum der Streit um die Wale plötzlich zum Problem für die CMS werden könnte, hat mit den Ergebnissen der Jahrestagung der Internationalen Walfangkommission in diesem Sommer zu tun. Dort hatten Japan und Norwegen einmal mehr vergeblich darum gekämpft, höhere Fangquoten für Wale zugesprochen zu bekommen.

Gut möglich, dass die australischen Schutzanträge vor zwei Jahren kaum Konfliktstoff enthalten hätten. Doch nach dieser für die Walfangnationen verlorenen Auseinandersetzung im vergangenen Sommer bekommen die Anträge eine hohe Brisanz.

Die Bonner Konvention arbeitet mit zwei Anhängen, in denen zu schützende Tiere gelistet werden. Anhang I umfasst all jene Tierarten, die akut vom Aussterben bedroht sind und deshalb eines weltweiten Schutzes bedürfen. In Anhang II stehen Tierarten, deren Schutz nur in einigen Regionen verbesserungsbedürftig ist.

Australien möchte nun Finnwal, Seiwal und Pottwal im Anhang I gelistet wissen. Denn diese Meeressäuger haben besonders schlechte Überlebensaussichten. Bei der ersten Diskussion der Anträge hat sich lediglich Norwegen strikt gegen die Aufnahme der Großwale in den Anhang I ausgesprochen. Der Hintergrund: Norwegen ignoriert seit Jahren die geringen Fangquoten der Internationalen Walfangkommission und hat in diesem Sommer versucht, durchzusetzen, dass es wieder Walfleisch nach Japan exportieren darf. Denn Norwegen sieht sich – wie Japan übrigens auch – einer stetig sinkenden Nachfrage nach Walfleisch gegenüber. Nicht nur, dass es inzwischen stark schwermetallverseucht und deshalb ohnehin kaum mehr als gesund einzustufen ist. Den meisten Norwegern und Japanern ist die Lust auf Walfleisch einfach vergangen. In beiden Nationen ist der Walfang jedoch ein traditioneller Bestandteil ihres Selbstbewusstseins. Das Ende des Walfangs wird in beiden Ländern als eine kulturelle Niederlage empfunden, weshalb sie mit allen Mitteln um den Erhalt ihrer Walfangflotten kämpfen. Die Walfangkommission hat den Export von Walfleisch erneut untersagt, weshalb Norwegen seinen bereits verlorenen Kampf nun bei der Bonner Konvention ausfechten will.

Die Wal- und Delfinschutz-Organisation WDCS kämpft in Bonn gemeinsam mit Greenpeace und dem World Wide Fund for Nature (WWF) um einen besseren Schutz für die Großwale. Sie stehen ganz am Ende der Ernährungskette, pflanzen sich nur selten fort, legen besonders lange Strecken zurück und sind besonders anfällig für Umwelteinwirkungen, argumentiert die WDCS. Da die Meeressäuger inzwischen so selten geworden sind, sei es auch kaum möglich, neue wissenschaftliche Erkenntnisse über die Auswirkungen der Meeresverschmutzung, des Klimawandels oder der akustischen Umweltverschmutzung der Ozeane auf die Wale zu gewinnen. Ein Problem, das auch für andere wandernde Tierarten zutrifft, weshalb die meisten CMS-Staaten meinen, dass – sozusagen auf Verdacht – das Vorsorgeprinzip für sie zu gelten habe.

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